(Registrieren)

Börsen-Zeitung: Im Arabersturm, Marktkommentar von Christopher Kalbhenn

Geschrieben am 04-03-2011

Frankfurt (ots) - Die Ereignisse in Nordafrika und im Nahen Osten
mit dem Arabersturm des Frühmittelalters gleichzusetzen, wäre wohl
übertrieben. Denn darunter verstehen die Historiker die rasante
Expansion der Araber, mit der die Nachfolger Mohammeds im 7. und 8.
Jahrhundert von der Arabischen Halbinsel aus den Vorderen Orient,
Persien, Afghanistan, weite Teile des heutigen Pakistan, ganz
Nordafrika und die Iberische Halbinsel eroberten und damit auch den
Islam in diese Gebiete trugen. Von einem zweiten Arabersturm zu
sprechen, dürfte aber angemessen sein. Denn der Aufstand gegen die
Despoten und Herrscherhäuser wird tiefgreifende langfristige
Veränderungen in der arabischen Region zur Folge haben, die derzeit
kaum abschätzbar sind.

Für die Finanz- und Rohstoffmärkte stehen kurzfristigere Aspekte
im Vordergrund. Von den Turbulenzen im arabischen Raum verunsichert,
haben die Marktteilnehmer begonnen, Gewinne an den Aktienmärkten
mitzunehmen, was deren rund zwei Jahre alte Rally unterbricht.
Gefragt sind sichere Assets wie Gold und der Schweizer Franken,
während Staatsanleihen bester Bonität aufgrund erneut gestiegener
Inflationsrisiken und der zumindest im Euroraum nun wohl
herannahenden Leitzinswende von dieser Krise nicht profitieren.

Schreckensszenarien

Auf dem Spiel steht die Ölversorgung der Weltwirtschaft, wie an
dem stark gestiegenen Preis für den wichtigsten Energierohstoff
abgelesen werden kann. Mit Libyen wütet der Arabersturm nun in einem
erdölfördernden Land. Dem Wüstenstaat droht ein längerer Bürgerkrieg.
Die US-Außenministerin Hillary Clinton hat sogar das
Schreckensszenario ausgesprochen, dass sich das Land in ein "großes
Somalia" verwandeln könnte.

Noch schwerer wiegt allerdings die Befürchtung, dass auch
Saudi-Arabien von der Aufstandswelle erfasst werden könnte.
Saudi-Arabien ist das Herzstück der weltweiten Ölversorgung. Käme es
auch dort zu Unruhen und zu einer erheblichen Beeinträchtigung der
Erdölförderung, würde der Ölpreis explodieren. Für diesen Fall sind
schon Ölpreisvorstellungen von 200 Dollar das Barrel genannt worden.
Das würde die Aktienmärkte unweigerlich zum Einsturz bringen.

Doch der Eintritt des Worst Case ist keinesfalls eine ausgemachte
Sache. Vielmehr sind erhebliche Zweifel angebracht. Die von der
US-Außenministerin ausgesprochene Aussicht auf den völligen
Zusammenbruch staatlicher Ordnung in Libyen mit der Folge, dass die
Ölförderung des Landes auf Jahre hinaus ausfallen würde, ist ein
Szenario, das kaum zugelassen werden dürfte. Vielmehr dürften hinter
den Kulissen alle Register gezogen werden, um Gaddafi zur Aufgabe zu
bewegen oder - falls dies scheitern sollte - eine andere Lösung
vorzubereiten, z.B. die wirkungsvolle Unterstützung seiner Gegner.
Ähnliches gilt für den befürchteten Aufstand in Saudi-Arabien. Die
Bevölkerung ist bei weitem nicht so unzufrieden wie in Ägypten,
Algerien, Tunesien oder Libyen. Saudi-Arabien ist ein reiches Land
und verfügt damit zudem über immense finanzielle Mittel, um die
Bevölkerung zufriedenzustellen.

Positive Faktoren

Vor diesem Hintergrund besteht durchaus auch die Chance, dass sich
die Krise in absehbarer Zeit entschärfen und der Ölpreis wieder
deutlich sinken wird. Dann würden die Marktteilnehmer die Angst vor
einem Ölpreisschock ablegen und die positiven Faktoren für die
Aktienmärkte wieder stärker beachten. Dazu zählt insbesondere die
gute, nach wie vor die Erwartungen des Marktes übertreffende
Entwicklung der Unternehmensgewinne bei gleichzeitig moderater
Bewertung. Die Unternehmen verfügen darüber hinaus über immense
Finanzmittel und haben bereits begonnen, diese verstärkt für
Akquisitionen zu verwenden. Außerdem schwimmen die Märkte in
Liquidität, für die Anlagemöglichkeiten gesucht werden. Beruhigt sich
die Lage in der arabischen Welt, wird die Liquidität angesichts des
Mangels an attraktiven Alternativen wieder ihren Weg an die
Aktienmärkte finden. Die Krise Nordafrikas und des Nahen Ostens
könnte sich schon recht bald als günstige Einstiegsgelegenheit
erweisen.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

319303

weitere Artikel:
  • Neue OZ: Kommentar zu China / Volkskongress Osnabrück (ots) - Furcht in Peking China ist ein Land voller Gegensätze. Das gilt für Natur, Kultur und Menschen im Reich der Mitte gleichermaßen. Und es trifft auch auf dessen Wirtschaft zu. In Boomstädten wie Schanghai trifft man auf Manager im neuen Porsche ebenso wie auf Bauarbeiter, die für einen Tageslohn von umgerechnet einem Euro Bürotürme errichten. Das ist für die kommunistischen Machthaber ein Problem, denn ihre Gleichheitsideologie wird desto mehr ad absurdum geführt, je stärker der Zustrom bettelarmer Landbevölkerung mehr...

  • Stopaq aus den Niederlanden besiegt multinationalen Konzern in Patentstreit Stadskanaal, Niederlande (ots/PRNewswire) - Gestern entschied der Richter im Schiedsgerichtsverfahren am Amtsgericht von Den Haag in den Niederlanden zugunsten des Privatunternehmens Stopaq B.V. in sämtlichen Punkten eines Rechtsstreits gegen Canusa im Zusammenhang mit Stopaqs grüner, patentierter viskoelastischer Antikorrosionsbeschichtungs- und Dichtungstechnik. Canusa, Teil des kanadischen, börsennotierten Unternehmens ShawCor, hatte vor Gericht erklärt, es habe zwei neue Wrapid Bond-Produkte (vom Typ RB-11 und RB-22) auf den niederländischen mehr...

  • Burcon Enters License Agreement With ADM for CLARISOY(R) Protein Technology Vancouver, British Columbia (ots/PRNewswire) - Burcon NutraScience Corporation announced today that the company has entered into a license agreement with Archer Daniels Midland Company ("ADM") for the worldwide production, distribution and sale of Burcon's CLARISOY(R) soy protein. CLARISOY is a unique soy protein product that is 100 percent soluble, transparent and very low in viscosity in low pH (acidic) beverages. Use of CLARISOY allows for the production of transparent, protein fortified beverages such as juices, soft drinks and sport mehr...

  • Occlutech gewinnt schwedische Gerichtsentscheidung gegen AGA-St Jude Medical Jena, Deutschland (ots/PRNewswire) - Occlutech GmbH, ein führender europäischer Entwickler von minimal invasiven Implantaten zur Behandlung von unregelmässigem Herzschlag hat heute bekannt gegeben, dass es im Zusammenhang mit dem gegenwärtigen Patentstreit mit AGA Medical -St Jude Medical eine positive Gerichtsentscheidung aus Stockholm, Schweden, erhalten hat. Aus der Gerichtsentscheidung von Stockholms Tingsratt, dem Amtsgericht von Stockholm, geht hervor, dass das Gericht keine Basis sieht für die Klage der zufolge Occlutech ASD mehr...

  • Volta berichtet erneut über umfangreiche Durchteufungen bei dem Kiaka Gold-Projekt in Burkina Faso Toronto (ots/PRNewswire) - Volta Resources Inc. ("Volta" oder das "Unternehmen") berichtet über die Bohrergebnisse im nächsten abgeschlossenen Abschnitt des laufenden Bohrprogramms, bei dem bisher mehr als 250 Bohrlöcher von ungefähr 50.000 Meter Länge im Kerngebiet des Kiaka-Goldprojekts in Burkina Faso erschlossen wurden (siehe Pressemitteilung vom 22. September 2010). Die Ergebnisse von 5 Bohrlöchern, die sich im Abschnitt 5475N bzw. rund 25 m nordöstlich des Abschnitts 5450N befinden, über den bereits früher berichtet wurde (siehe mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht