(Registrieren)

Börsen-Zeitung: Krise und kein Ende, Börsenkommentar "Marktplatz" von Christopher Kalbhenn

Geschrieben am 26-11-2010

Frankfurt (ots) - Alle Hoffnungen, dass die Hilfen für
Griechenland, der 750 Mrd. Euro schwere Rettungsschirm und zuletzt
die Entscheidung Irlands, EU-Hilfen in Anspruch zu nehmen, für
Entspannung sorgen würden, haben sich zerschlagen. Die Schuldenkrise
weitet sich, von trügerischen Ruhephasen unterbrochen, immer weiter
aus. Kurz vor dem Jahreswechsel gewinnt die Entwicklung in der
Peripherie Eurolands erheblich an Brisanz. Kaum hatte Irland um
EU-Hilfe nachgesucht, wurde bereits Portugal als der nächste vor dem
Kippen stehende Dominostein gehandelt. Von da war es für die Märkte
nur noch ein kleiner Schritt, mit Spanien ein großes Land ins Visier
zu nehmen. Der Risikoaufschlag zehnjähriger Anleihen der Iberer
gegenüber deutschen Staatspapieren hat die Obergrenze vom Sommer von
rund 220 Basispunkten (BP) durchbrochen und Rekordhöhen von mehr als
250 BP erreicht. Auch die CDS-Spreads, d.h. die Prämien für die
Versicherung gegen den Ausfall des Schuldners Spanien, haben
Höchststände erreicht.

Fiele auch noch Spanien, wäre das der Super-GAU. Weltweit heftige
Turbulenzen an den Finanzmärkten wären ebenso eine unausweichliche
Folgen wie erheblich verstärkte Zweifel an der Zukunft der
Währungsunion. Allerdings ist es noch lange nicht so weit. Spanien
ist mit den kleinen Peripheriestaaten nicht zu vergleichen, so
schlimm auch die Folgen des Immobilienwahnsinns und so erschreckend
auch die bei 20% liegende Arbeitslosenquote sein mögen. Der
Schuldenstand ist mit knapp 65% des Bruttoinlandsprodukts wesentlich
niedriger als in Griechenland und Portugal. Er ist sogar niedriger
als in Frankreich und Deutschland. Die spanische Volkswirtschaft ist
wesentlich breiter aufgestellt als die kleinen Peripheriestaaten, und
das Land verfügt mit Firmen wie z.B. Telefónica und Banco Santander
über global aufgestellte, solide Großkonzerne, die gerade in den sehr
aussichtsreichen lateinamerikanischen Volkswirtschaften gut
positioniert sind.

Es ist jedoch zu befürchten, dass rationale Argumente in einem von
Angst geprägten Klima vorerst wirkungslos sein werden und somit der
Euro zunächst unter Druck bleiben und die Risikoprämien Spaniens
weiter klettern werden. Für zusätzliche Nervosität dürfte dabei
sorgen, dass das Land in diesem Jahr noch zwei Anleiheauktionen
durchführen wird: in der dreijährigen Laufzeit am nächsten Donnerstag
sowie mit 10- und 15-jährigen Emissionen am 16.Dezember.

Bemerkenswert ist, wie unbeeindruckt der deutsche Aktienmarkt
seine Klettertour fortsetzt. Zwar hat die neuerliche Verschärfung der
Schuldenkrise den Anstieg des Dax auf 7000 Zähler zunächst
verhindert. Viel fehlt dem Index aber nicht, und zuletzt hat er
erstmals seit zweieinhalb Jahren einen Stand von 6900 Punkten
erreicht. Kein anderer der größeren Aktienmärkte der Welt kann in
diesem Jahr mit dem deutschen Standardwerte-Barometer mithalten. Die
Outperformance ist leicht erklärbar. China ist in diesem Jahr wieder
in den Boom-Modus mit Wachstumsraten von 10% zurückgekehrt, und die
deutsche Industrie, die aufgrund von Lohnzurückhaltung und
Kostendisziplin ihre Wettbewerbsfähigkeit stark erhöht hat, verfügt
über das dazu passende Produktportfolio. Wenn also die Schuldenkrise
nicht in der Lage ist, den Aktienmarkt einzuschüchtern, dann
vielleicht irgendwann einmal China.

Wenn der viel zitierte Sack Reis in China umfällt, muss das nicht
unbedingt Folgen für den Dax haben. Anders sieht es aber aus, wenn
sich der Sack binnen Jahresfrist prozentual zweistellig auf ein
rekordhohes Preisniveau verteuert. Kurzum: Die derzeit stark
anziehende Inflation im Reich der Mitte könnte in absehbarer Zeit
auch für den deutschen Aktienmarkt zum Problem werden. Denn die
chinesischen Behörden könnten bei weiter nach oben schießenden
Nahrungsmittelpreisen und Inflationsraten unter Druck geraten und zu
wesentlich unsanfteren Bremsmaßnahmen greifen als bisher. Das könnte
das Wachstum des Landes und damit auch seine Nachfrage abschwächen.
Bereits die Ankündigung stärkerer Gegenmaßnahmen dürfte ausreichen,
um am deutschen Aktienmarkt für Unruhe zu sorgen.

(Börsen-Zeitung, 27.11.2010)

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

303243

weitere Artikel:
  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Postbank Bielefeld (ots) - Der schnellste Schweizer ist mal wieder vorzeitig am Ziel: Rascher als von den meisten erwartet hat Josef Ackermann der Deutschen Bank die Mehrheit an der Postbank gesichert. Allerdings ist die Übernahme erst ein Zwischenziel. Um die Postbank auch nur halbwegs in eine Renditegröße zu führen, die bei der Deutschen Bank Standard ist, muss sehr viel geschehen. Unter den 14 Millionen Postbank-Kunden gibt es vermutlich mehr Rentner und Hausfrauen als Jungunternehmer und Börsenanleger. Sie lieben ihr etwas angestaubtes, mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Unternehmen / Deutsche Bank / Postbank Osnabrück (ots) - Ackermanns gefährlicher Weg Nach monatelangem Feilschen ist Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann am Ziel: Sein Geldhaus übernimmt die Postbank. Ackermann hält das Risiko für beherrschbar. Die Öffentlichkeit aber ist skeptisch - und das zu Recht. Zu akut ist das Trauma, das die letzte Großbanken-Fusion verursacht hat. Der Einstieg der Commerzbank bei der Dresdner Bank im Herbst 2008 kostete den Steuerzahler Milliarden, vor allem weil die Commerzbank übersah, welche Risiken in den eigenen Bilanzen lauerten. mehr...

  • Manege frei im "Planet-Planai"! - BILD Schladming (ots) - Während auf der Planai bereits seit 23. Oktober durchgehend Skibetrieb ist und bis zur Mittelstation eifrig gecarvt wird, wurde im Tal noch fleißig gebaut. Ein neuer Planet ist entstanden: Der Planet-Planai. Die Vorbereitungsarbeiten für die Alpine Ski WM 2013 in Schladming laufen bereits auf Hochtouren. Gesamt investierten die Planai-Bahnen für die kommende Wintersaison rund Euro 26 Mio. in die Verbesserung der Infrastruktur, um für das größte Sportereignis Österreichs in den nächsten Jahren gerüstet zu sein. Als mehr...

  • REWE Group gewinnt Deutschen Nachhaltigkeitspreis für PRO PLANET-Label (mit Bild) Köln/Düsseldorf (ots) - - Querverweis: Bildmaterial wird über obs versandt und ist abrufbar unter http://www.presseportal.de/galerie.htx?type=obs - - Handels- und Touristikkonzern erhält weiteren Sonderpreis für vorbildlichen Einsatz von Recyclingpapier - "Deutschlands Köpfe der Nachhaltigkeit" - Auszeichnung für REWE Group CEO Alain Caparros Die REWE Group hat den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2010 in den Kategorien "Nachhaltigste Initiative Deutschlands" und "Deutschlands recyclingpapierfreundlichstes Unternehmen" mehr...

  • feratel zeichnet elements.at als PremiumPartner aus! - BILD Innsbruck (ots) - Die Salzburger Webagentur elements.at ist erster feratel PremiumPartner. Das Team von elements.at zeichnet sich v.a. durch seine Kompetenz und das umfangreiche Know-how in Bezug auf die effiziente Einbindung und Nutzung von Schnittstellen auf den Homepages der Destinationen aus. Im Rahmen des neuen Zertifizierungsprogramms der feratel media technologies AG wird Web-/Werbeagenturen unter bestimmten Voraussetzungen der Status feratel Partner oder feratel PremiumPartner zuerkannt. Je nach Stufe profitieren die Ausgezeichneten mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht