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Berliner Morgenpost: Fall Madeleine - Interview mit den Eltern: "Im Moment haben wir große Hoffnung"

Geschrieben am 02-06-2007

Berlin (ots) - Nachfolgend erhalten Sie den Volltext eines
Interviews mit den Eltern der entführten Madeleine McCann. Gerry und
Kate McCann wollen kommenden Woche nach Berlin kommen, um dort um
Aufmerksamkeit für den Fall zu werben. Die Berliner Morgenpost hat
dieses Gespräch am Donnerstag in Portugal geführt. Es erscheint in
der Sonntagausgabe der Zeitung.

Auf Wunsch der Eltern stellen wir dieses Interview vorab in voller
Länge zur Verfügung.

Kontakt bei Rückfragen: siehe unten.

Berliner Morgenpost: Haben Sie in den vergangenen Wochen Hoffnung
geschöpft oder verloren?
Gerry McCann: Das fluktuiert. In den ersten zwei, drei Tagen dachten
wir in Minuten und Stunden, da waren wir sicher am verzweifeltsten.
Kate McCann: Aber mittlerweile denken wir: Keine Nachricht ist eine
gute Nachricht. Die Hoffnung wird jedenfalls nicht kleiner.
Gerry McCann: Natürlich ist immer noch jeder Tag einer zuviel, aber
es hilft, etwas zu tun.

Glauben Sie, dass Madeleine noch am Leben ist?
Gerry McCann: Natürlich glauben wir das! Obwohl wir auch über das
schlimmste Szenario nachgedacht haben - dass sie tot ist.
Kate McCann: Jeder hat das in Betracht gezogen.
Gerry McCann: Aber wir sprechen auch über Hoffnung, und solange es
die gibt, geben wir nicht auf. Im Moment haben wir große Hoffnung.
Die Ermittlungen sind in vollem Gange, tausende Menschen unterstützen
uns.

Sie sind vergangene Woche in Rom vom Papst empfangen worden.
Gerry McCann: Den Papst zu sehen, ist ein Höhepunkt für jeden
Katholiken, obwohl Madeleines Entführung die Reise natürlich
überschattet hat. Aber der Heilige Vater hat ihr Bild gesegnet und
wird für sie beten. Das stärkt uns - und die Kampagne zur Suche von
Madeleine.

Ihre Kampagne für Madeleine ist bisher ein gigantischer Erfolg:
David Beckham hat zur Mithilfe bei der Suche aufgerufen, J. K.
Rowling hat eine Belohnung für nützliche Hinweise ausgelobt, während
des englischen Cup-Finales haben 500 Millionen Zuschauer Madeleines
Bilder gesehen. Und jetzt hat sogar der Papst seinen Segen gegeben.
Wie wollen Sie das toppen?
Gerry McCann: Einen päpstlichen Segen kann man natürlich nicht
toppen. Wir hätten nie gedacht, dass wir einmal in dieser Situation
sein könnten.

Die Polizei in Portugal scheint hingegen bisher keine großen
Fortschritte gemacht zu haben.
Gerry McCann: Wir können uns zu den Ermittlungen im Detail nicht
äußern. Es gibt eine riesige Zahl von Hinweisen. Es ist
wahrscheinlich die größte Polizeiaktion der portugiesischen
Geschichte. Ich glaube aber, dank der Hilfe von britischen Experten
und des Einsatzes der portugiesischen Beamten läuft es mittlerweile
so gut - oder fast so gut - wie möglich.

Was, glauben Sie, ist mit Ihrer Tochter geschehen?
Gerry McCann: Wir haben über alle Szenarien nachgedacht, nicht nur
über die wahrscheinlichen. Aber Spekulationen führen nur zu negativen
Gedanken. Wir versuchen, nicht ständig darüber nachzudenken, wer sie
hat und warum sie sie haben. Das einzige, was wir sagen können ist:
Madeleine hat es nicht verdient, entführt zu werden. Niemand hat so
etwas verdient. Es ist herzzerreißend für alle Beteiligten, und wir
beten die ganze Zeit, dass sie wohlauf und in guten Händen ist.

Wie schaffen Sie es, nicht darüber nachzudenken, was Ihrer Tochter
zugestoßen sein könnte?
Kate McCann: In den ersten drei Tagen war es fast unmöglich, die
negativen Gedanken weg zu schieben. Aber dann merkst du, dass du
genau das tun musst, um weiter zu machen. Manchmal fühlen wir uns
schuldig, weil wir nicht an sie denken. Normalerweise würden wir das
ja die ganze Zeit tun. Aber es ist wichtig - für uns und für
Madeleine - dass wir uns nicht in Pessimismus verlieren.

Werden Sie nie wütend?
Kate McCann: Doch, wütend über die Situation, aber ich glaube, das
ist Teil des normalen Trauerprozesses.
Gerry McCann: Es ist, wie wenn bei einem Krebs diagnostiziert wird:
eine Mischung aus Emotionen, eine davon ist Wut.
Können Sie mittlerweile wieder essen und schlafen?
Kate McCann: Ja. Die ersten Tage sind ohne Schlaf vergangen, aber ich
glaube, das ist normal...
Gerry McCann: ...da mussten wir uns auch zum Essen und Trinken
zwingen. Mittlerweile fühle ich mich aber körperlich wieder ziemlich
ok. Die Nächte sind immer die härteste Zeit. Wenn man ins Bett geht,
denkt man mehr nach, aber meistens sind wir so müde, dass wir recht
schnell einschlafen - es sei denn natürlich, die Kinder wecken uns
(lacht zum ersten und einzigen Mal).

Wie geht es den Zwillingen?
Gerry McCann: Es hilft wahrscheinlich, dass sie Zwillinge sind. Sean
und Amelie wissen, dass Madeleine nicht da ist, aber die meiste Zeit
verbringen sie zusammen oder mit anderen Kindern, da fehlt ihnen
nicht so viel. Wir versuchen einfach, für sie zu funktionieren, ihnen
die liebevolle Aufmerksamkeit zu geben, die sie brauchen. Jeden
Morgen frühstücken wir mit ihnen und machen sie fertig für den
Kinderclub. Dann sehen wir sie wieder zum Mittagessen und versuchen
am Nachmittag, ihnen zumindest eine Stunde auf dem Spielplatz widmen.
Manchmal müssen wir über Nacht weg und lassen sie bei nahen
Verwandten, das ist hart, aber die Kampagne für Madeleine hat
Priorität.

Mrs. McCann, zum ersten Mal haben Sie die Zwillinge für die
Papstaudienz allein gelassen...
Kate McCann: Es war schwierig. Aber es wäre selbstsüchtig gewesen,
sie mitzunehmen. Sie sind erst zwei, die lange Reise und der Vatikan
wäre einfach zu viel gewesen.

Die Frage, wie weit man seine Kinder allein lassen darf, wurde
nach dem Verschwinden von Madeleine in Großbritannien sehr
diskutiert. Haben Sie sich jemals gegenseitig die Schuld für
Madeleines Verschwinden gegeben?
Gerry McCann: Nein, niemals. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, Kate
die Schuld zu geben, weder bewusst noch unbewusst. Wir stecken da
zusammen drin, als Paar. Wir sind sehr verantwortungsbewusste Eltern,
wir lieben unsere Tochter über alles, aber keiner von uns hätte je
gedacht, dass so etwas möglich ist. Trotzdem fühlen wir uns schuldig.
Wir waren nicht da, als sie entführt wurde. Aber wirklich schuld ist
nur die Person, die sie mitgenommen hat.

Was empfinden Sie, wenn Sie an diese Person denken?
Gerry McCann: Ich habe keine Zweifel, dass das ein Akt des Bösen war.
Kate McCann: Wir wissen, dass es da draußen böse Menschen gibt, aber
es gibt auch viele Verzweifelte. Wir wissen nicht, um wen es sich
handelt. Wir hoffen, um letztere.

Glauben Sie, dass Sie dieser Person irgendwann vergeben können?
Gerry McCann: Mit dieser Frage werden wir uns auseinandersetzen, wenn
wir sie gefunden haben.

Wie erklären Sie sich das unglaubliche Interesse am Schicksal
Ihrer Tochter?
Gerry McCann: Es liegt sicher an Madeleines Bild und daran, dass wir
im Urlaub waren, an einem scheinbar so sicheren Ort. Vielleicht hat
auch unser Versuch, Einfluss zu nehmen, dem Fall einen neuen Dreh
gegeben. Nun hat die Geschichte auch Menschen erfasst, die uns gar
nicht kennen. Dazu kommt die Unterstützung von sehr bekannten Leuten.
Wir haben mittlerweile einen Fonds gegründet, wir haben ein Team von
Rechtsberatern engagiert und suchen einen professionellen Manager für
unsere Kampagne. Aber wir wissen, dass die Ermittlungen der Polizei
das Wichtigste sind. Wir gaukeln uns nicht vor, dass die Kampagne uns
Madeleine zurückbringt. Wir glauben nur, dass sie die Aufmerksamkeit
für die Suche nach ihr erhöht.

Einige Menschen befürchten, dass die Kampagne eine Flut von
unbrauchbaren Hinweisen auslöst, die die Arbeit der Polizei
erschwert. Andere meinen, der öffentliche Druck auf den oder die
Entführer bringe Madeleine in Gefahr.
Gerry McCann: Wir sind uns bewusst, dass die Aufmerksamkeit nicht nur
Vorteile hat. Aber wir sprechen alles, was wir tun, mit britischen
Kriminalexperten ab, und die glauben, dass Bekanntheit die Suche nach
Madeleine erleichtert.
Kate McCann: Das letzte, was wir wollen, ist, Madeleine in Gefahr zu
bringen. Aber wir wissen auch, dass der entscheidende Hinweis
wahrscheinlich aus der Bevölkerung kommen wird.

Haben Sie sich auf den Tag vorbereitet, an dem die letzte Kamera
vom Fall Madeleine abgezogen wird?
Kate McCann: Wir wissen, dass es unvermeidlich ist ...
Gerry McCann: ...die Berichterstattung in Großbritannien hat unsere
allerkühnsten Erwartungen übertroffen. Wir wollen uns jetzt auf
andere Regionen konzentrieren. Viele Deutsche und Niederländer machen
Urlaub an der Algarve. Wir bitten alle, die zum fraglichen Zeitpunkt
in der Gegend von Praia da Luz waren, um Hinweise bitten und darum,
ihre Ferienfotos durchzuschauen: Wenn im Hintergrund Fremde zu sehen
sind, könnten sie wertvoll für die Ermittlungen sein. Wir haben eine
Webseite, wo solche Bilder hochgeladen werden können.

Was haben Sie nach den Reisen vor?
Gerry McCann: Wenn die Suche sich noch über Monate hinzieht, müssen
wir anders handeln als bisher. Spätestens dann brauchen wir einen
professionellen Manager.

Wann wollen Sie nach Großbritannien zurückkehren?
Kate McCann: Wir haben keine Pläne in dieser Hinsicht.
Gerry McCann: Ich müsste erst zu dem Schluss kommen, dass die
Ermittlungen in Portugal zu einem Stillstand gekommen sind. Davon
sind wir momentan weit entfernt.

Wo glauben Sie, ist Madeleine gerade?
Gerry McCann: Es ist sehr, sehr schwer. Doch wenn ich jetzt an sie
denke, habe ich das kleine, drei, fast vier Jahre alte Mädchen vor
Augen, wie sie lacht, wie sie spielt, wie sie herumläuft. Ich
versuche nicht daran zu denken, wo sie jetzt ist.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=53614
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Berliner Morgenpost
Berliner Illustrirte Zeitung
Sandra Garbers
Telefon: 030/2591-71936


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