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Bundesagentur wegen Schleichwerbung gerügt

Geschrieben am 21-02-2007

Berlin (ots) - Die Bundesagentur für Arbeit (BA) wurde vom
deutschen Rat für Public Relations wegen kontinuierlicher
Schleichwerbung in öffentlich-rechtlichen Sendern gerügt.

Nach den Recherchen des NDR-Medienmagazins ZAPP, dokumentiert in
der Zeitschrift MESSAGE 3/2006, S. 43-47, hat die Bundesagentur für
Arbeit (BA) Fernsehbeiträge bei den öffentlich-rechtlichen Sendern
ZDF, RBB und MDR inhaltlich und finanziell unterstützt. Dabei
handelte es sich um die Sendungen "Jobjournal" (MDR), "Arbeitsmarkt
aktuell" (rbb) und "Volle Kanne Susanne" (ZDF). Dafür wurden von der
BA in den Jahren 2004 und 2005 rund 350.000 Euro aufgewandt, was der
Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der BA John-Philip Hammersen in
einem, nach Angaben der Zeitschrift "MESSAGE" schriftlich
autorisierten Interview bestätigte.

Die Bundesregierung hat auf eine Kleine Anfrage zur "Finanzierung
von Fernsehbeiträgen durch staatliche Behörden" (Bundestagsdrucksache
16/1553) vorgegeben, dass es sich hierbei um zulässige
Produktionskostenzuschüsse gehandelt habe.

Das Urteil

Der PR-Rat erachtet die Zahlungen der BA als nicht transparente,
gekaufte Themenplacements, die unter das Verdikt der Schleichwerbung
fallen. Hätte es sich wie seitens der Bundesregierung behauptet um
Produktionskosten-zuschüsse ohne thematische Absprachen mit den
Sendern gehandelt, wären sie nach Auffassung des Rats ebenfalls zu
beanstanden gewesen, weil sie für den Zuschauer nicht erkennbar
gemacht, sondern verdeckt vorge-nommen wurden.

Schleichwerbung stellt eine unzulässige Form der
Zuschauerbeeinflussung dar. Sie ist nicht nur durch die
Rundfunkstaatsverträge verboten. Auch der PR-Code de Lisbonne (Art.
4) und eine Verhaltensrichtlinie des DRPR zu Schleichwerbung und
Product Placement gebieten offene und leicht als solche erkennbare
Werbemaßnahmen. Der DRPR spricht daher gegen die BA wegen der nicht
transparenten Platzierungen von Themen in Programmen verschiedener
öffentlich-rechtlicher Fernsehsender eine offizielle Rüge aus.

Die Urteilsbegründung

Für Produktionskostenzuschüsse haben die Regeln des Sponsoring zu
gelten: Sie müssen für Zuschauer transparent sein. Insofern haben die
Sender und der BA gegen die Haltung verstoßen, die die
Bundesregierung selbst in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage
vorgab: "Bei der Durchführung dieser Öffentlichkeitsarbeit sind die
vom Bundesverfassungsgericht hierzu entwickelten Grundsätze zu
beachten." Diese Grundsätze betreffen, was in der Antwort der
Bundesregierung nicht ausgeführt wurde, auch die erkennbare Trennung
von Werbung und Programm.

Die BA selbst verweist in ihrer Antwort an den PR-Rat vom 3.11.06
auf ihre gesetzliche Verpflichtung, im Rahmen ihrer Zuständigkeit die
Bevölkerung über deren Rechte und Möglichkeiten in
allgemeinverständlicher Weise zu informieren. Ihre ausweichende
Argumentation bringt auf den Punkt, was alle öffentlich-rechtlichen
und alle gemeinnützigen Institutionen zugunsten ihrer
Themenplatzierungen aussagen: Es geschähe im Interesse der
Bevölkerung oder einzelner Bevölkerungsgruppen.

Hierzu ist anzumerken, dass auch die Offenlegung solcher
Transaktionen im Interesse der Bevölkerung liegt. Kein gesetzlicher
Auftrag zur Informierung von Bevölkerungen entbindet vom Einsatz
redlicher Mittel. Eine durch nicht ersichtliche
Finanzierungskonstruktionen erschlichene Botschaft ist auf unredliche
Weise zustande gekommen.

Nach Ansicht des Rates kommt dem Verstoß der BA gegen das
Schleichwerbeverbot sogar eine besondere Schwere zu, da zwei
staatliche Institutionen ohne erkennbares Unrechtsbewusstsein gegen
das Gebot der Staatsferne des Fernsehens verstoßen haben - die eine
aktiv und die andere befürwortend.

Ein besonderes Augenmerk richtete der PR-Rat dazu auf die Frage
nach dem Einfluss der BA auf die redaktionelle Umsetzung der
erwünschten Themen. Die Antwort der BA kam nicht von der Leitung PR
und Öffentlichkeits-arbeit, sondern von ihrer Stabsstelle
Datenschutz/ Justitiariat: "In welcher Form, mit welchem Inhalt und
zu welchem Zeitpunkt die BA ihrer Informationsverpflichtung
nachkommt, obliegt ihrem Gestaltungsspielraum." Die dazu genutzten
sogenannten "Medienkooperationen" werden nach Auskunft der
Stabsstelle "nicht im Rahmen von Public Relations, sondern als
Informationsinstrument genutzt, um die Kunden der BA über relevante
Themen rund um den Arbeitsmarkt zu unterrichten."

Aber Medienkooperationen verlieren nicht dadurch ihren Charakter
von PR-Aktivitäten, dass sie nicht als Aufträge einer PR-Abteilung
sondern durch andere Stäbe geschehen, zumal, wenn sie "in einem
redaktionell gestalteten Umfeld bestimmte Zielgruppen anzusprechen
oder besondere Kommunikationsziele zu erreichen" haben. Der PR-Rat
lässt es nicht zu, PR so beliebig zu definieren, dass gewisse
Informationsinstrumente einfach davon ausgeschlossen werden.

Der BA-PR-Leiter Hammersen war gegenüber der Zeitschrift "MESSAGE"
auskunftsbereiter. In dem von ihm schriftlich autorisierten Interview
erklärte er: "Wir geben Themenvorschläge, doch die Umsetzung ist
wirklich in der Hand der Redaktion. Theoretisch könnten wir die
Beiträge hier auch abnehmen, aber ich bin der Einzige im Haus mit
Fernseherfahrung. Von daher würde eine Abnahme durch unsere
Marketingabteilung nicht viel Sinn machen."

Die Abnahme einer Sendung, also das letzte Wort über die Inhalte,
durch die staatliche Behörde scheiterte folglich nur an der
Inkompetenz der Marketingabteilung der BA bzw. An den fehlenden
Kapazitäten des PR-Chefs und nicht an der Unzulässigkeit des
Vorgehens. Für den PR-Rat ergibt sich daraus die Folgerung: Der
Sender darf die gewünschten Themen zwar frei umsetzen, doch das
letzte Wort über die Sendung hat im Zweifelsfall die Behörde. Sieht
man es kritisch aus gesellschaftspolitischer Perspektive, wurde
mittels der Themenplatzierungen heimlich Staatsfernsehen betrieben.

Der Deutsche Rat für Public Relations wird getragen von der
Deutschen Gesellschaft für Public Relations (DPRG), der Gesellschaft
der Public Relations Agenturen (GPRA) und dem Bundesverband deutscher
Pressesprecher (BdP). Er hat kommunikatives Fehlverhalten gegenüber
Öffentlichkeiten zu ahnden und ist darin eine dem Deutschen Presserat
und dem Deutschen Werberat vergleichbare Institution der freiwilligen
Selbstkontrolle. Wie die anderen Räte spricht er öffentliche Rügen
und Mahnungen aus, erläßt Verhaltensrichtlinien und nimmt zu
kommunikativen Fehlentwicklungen in der Öffentlichkeit Stellung.
Grundlage seiner Beurteilung über Vorgänge der Finanzkommunikation
sind die Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes und die Kriterien
der PR-Ratsrichtlinie zur ordnungsmäßigen Ad-hoc-Publizität, die im
November 2003 vorgestellt und 2005 den Rechtsänderungen entsprechend
aktualisiert wurde.

Originaltext: DPRG e.V.
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6688
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6688.rss2

Für weitere Informationen:
Matthias Rosenthal
Vorsitzender der Beschwerdekammer III
DRPR-Geschäftsstelle, Tel. (0228) 620 92 897 oder 0170 - 433 88 04


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