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Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ): Zu viele Kinder erhalten zu viele Förder- und Therapiemaßnahmen / Gründliche Diagnostik zwingend

Geschrieben am 29-11-2006

Aschaffenburg (ots) - 30 Prozent der Kinder eines Geburtsjahrgangs
erhalten heute bereits im Vorschulalter professionelle Förder- und
Therapiemaßnahmen. Diese Rate hält Professor Harald Bode, Präsident
der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin
(DGSPJ), für zu hoch. Da die Entwicklung in jungen Jahren in ganz
unterschiedlichem Tempo ablaufen kann, müsse diese variable kindliche
Entwicklung von Eltern und Therapeuten als bislang stärker bedacht
werden. Ansonsten, so Bode, drohe immer stärker die Gefahr, dass
immer mehr Kinder immer früher zu vielen, überflüssigen oder sogar
schädlichen Behandlungen ausgesetzt werden.

Kinder sollten deshalb künftig nicht wie bisher "mit allen Mitteln
zu einem definierten Zeitpunkt in ein festes Raster" gezwängt und
bereits im Kleinkindesalter mit einem Übermaß an Behandlungen
konfrontiert werden, fordert Bode. Eltern sollten durchaus auch
akzeptieren lernen, dass bei ihrem Kind die aus ihrer Sicht idealen
Attribute (noch) nicht erfüllt werden können, weil ihre Kinder in
Teilbereichen langsamere Entwicklungsfortschritte machen als
vergleichbare Alterskameraden. Doch in Zeiten der "maximalen
Erwartungshaltung" wollten viele Eltern das in jedem Alter "perfekte
und jederzeit reibungslos funktionierende Kind." Damit jedoch, so der
DGSPJ-Präsident, setze man die Kinder einem Druck aus, dem sie häufig
nicht gewachsen seien.

Von diesen altersbedingten normalen Entwicklungsverzögerungen
seien jedoch ernste und umgehend zu behandelnde Entwicklungsstörungen
von Kindern abzugrenzen. Dabei kann es sich um umschriebene
Entwicklungsstörungen etwa im Bereich der Sprache oder des Lesens und
Schreibens handeln oder aber auch um tief greifende
Entwicklungsstörungen oder Intelligenzminderungen. Doch auch in
diesen Fällen sollte vor der Einleitung geeigneter Förder- und
Therapiemaßnahmen eine sorgfältige Diagnostik erfolgen. Fünf bis zehn
Prozent der Kinder gelten heute als sprachgestört, bei 15 Prozent der
Kinder werden Lernstörungen festgestellt, insbesondere in der
Entwicklung schulischer Fertigkeiten.

Um den Therapieerfolg von Kindern mit nachgewiesenen
Entwicklungsstörungen wirksam zu behandeln spiele die Einbeziehung
der Eltern mit ihren Sichtweisen und Erfahrungen eine eminent
wichtige Rolle. Dies werde bisher allerdings im Therapieprozess viel
zu wenig berücksichtigt, kritisiert Bode. So ist zum Beispiel in
verschiedenen Studien nachgewiesen worden, dass bei spät sprechenden
zweijährigen Kindern ("Late Talkers") die Behandlungsergebnisse um so
besser sind, je intensiver die Eltern einbezogen und geschult werden.

Häufig werde zudem das psychosoziale Umfeld der Kinder viel zu
wenig beachtet. Bode: "Wir erleben viele Eltern, die vor dem
Hintergrund sozialer Benachteiligung, mangelnder eigener Bildung und
gesellschaftlicher Integration, aber auch aus ganz eigensüchtigen
Motiven ihren Kindern nicht die erforderliche Förderung zukommen
lassen." Um diese Familien aufzuspüren, müsse ein flächendeckendes
Netz von kooperierenden Früherfassungssystemen aufgebaut werden mit
Kinder- und Jugendärzten als koordinierende Lotsen. Nur so könnten
die betroffenen Kinder erfasst, rechtzeitig gefördert und ihre Eltern
dafür kompetent gemacht werden. Entsprechende erste Modellprojekte
der Bundesregierung würden von der Deutschen Gesellschaft für
Sozialpädiatrie und Jugendmedizin deshalb ausdrücklich begrüßt.

Fördermaßnahmen, bei denen psychosoziale Ursachen für
Entwicklungsstörungen ausgeglichen werden, seien die "erfolgreichste
Therapie überhaupt," da damit gute und spürbare Behandlungserfolge
erzielt werden könnten. Entsprechende Angebote dazu gibt es
bundesweit aber noch viel zu wenige, kritisiert die DGSPJ. Dabei ist
laut Bode in amerikanischen Studien festgestellt worden, dass mit
psychosozial-orientierten Fördermaßnahmen 16 Dollar eingespart werden
können, wenn man einen Dollar ausgibt.

Originaltext: Kindernetzwerk e.V.
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=58954
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_58954.rss2

Weitere Informationen bei:

Professor Dr. Harald Bode
Präsident der Deutschen Gesellschaft
für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin:
Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Ulm
Sozialpädiatrisches Zentrum
Mail: harald.bode@medizin.uni-ulm.de


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