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Casinogesellschaft trickst Glücksspielsüchtige aus. Fachverband reicht Klage ein

Geschrieben am 12-10-2006

Herford (ots) - Der Fachverband Glücksspielsucht e.V., ein
bundesweit tätiger Verband, dem Wissenschaftler, Ärzte, Juristen,
Psychotherapeuten und als juristische Mitglieder auch
Beratungsstellen, Rehabilitationseinrichtungen und Selbsthilfegruppen
angehören, hat beim Landgericht Münster eine Klage nach dem
Unterlassungsklagengesetz gegen die Westdeutsche
Spielbankgesellschaft eingereicht und den Erlass einer einstweiligen
Verfügung beantragt. Das LG Münster hat den Termin zur mündlichen
Verhandlung auf den 13. 10. 06 um 13.30 Uhr terminiert (Raum 109).

Die Klage richtet sich gegen einige Klauseln der neuen
Spielsperrverträge und dagegen, dass so genannten Altfällen (Spieler,
die schon länger wirksam gesperrt sind) die Vereinbarungen zur
Eigensperre gekündigt werden.

Die Verträge sind aus suchtpräventiver und suchtpolitischer Sicht
mehr als skandalös. Sie dienen einzig und allein dem Zweck, die
Spielbanken vor Schadensersatzansprüchen zu schützen. Die Spielbank
spricht sich von sämtlichen Kontrollpflichten frei und wälzt alle
Verpflichtungen auf den schwächeren Vertragspartner - den süchtigen
Glückspieler - ab. Das passt weder zum BGH Urteil vom Dezember
letzten Jahres noch zur gegenwärtigen Diskussion um den Erhalt des
Glücksspielmonopols.


Hier noch einmal zur Erinnerung die Leitsätze des BGH Urteils:

a) Eine wunschgemäß erteilte Spielsperre kann Ansprüche auf Ersatz
von Spielverlusten begründen, wenn die Spielbank die Sperre nicht
durch ausreichende Kontrollen durchsetzt.

b) Eine Spielbank kann bei einer antragsgemäß - im Gegensatz zu
einer einseitig - verhängten Spielsperre Schutzpflichten haben, die
auf Wahrnehmung der Vermögensinteressen ihrer Gäste gerichtet sind
(Abweichung von BGH, Urteil vom 31. Oktober 1995 - XI ZR 6/95 = BGHZ
131, 136). BGH, Urteil vom 15. Dezember 2005 - III ZR 65/05 - LG
Münster / AG Münster

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?
Gericht=bgh&Art=en&Datum=2005&Sort=3&nr=34880&pos=17&anz=2821

Im Urteil wird weiter ausgeführt, dass die Spielbank im Rahmen des
zumutbaren und Möglichen den Abschluss von Spielsperrverträgen mit
gesperrten Spielern verhindern muss. Hieraus gibt es aus unserer
Sicht nur eine einzig mögliche logische Konsequenz: Die Einführung
der Ausweispflicht im Kleinen Spiel der Casinos. Die Innenminister
der Bundesländer scheinen diese Ansicht zu teilen. Im Entwurf des
neuen Lotteriestaatsvertrags ist eine Ausweiskontrollpflicht auch für
die Automatensäle der Casinos vorgesehen.

Das Bundesverfassungsgericht hat im März diesen Jahres eindeutig
festgelegt, dass das Glücksspielmonopol des Staates nur dann
gerechtfertigt ist, wenn es sich strikt an dem Leitgedanken der
Bekämpfung der Glücksspielsucht orientiert. Diesen Grundsatz scheinen
die Spielbanken bisher nicht verinnerlicht zu haben, ansonsten wären
die Spielsperrverträge anders gestaltet worden.

Im Vergleich zu einer Casinogesellschaft sind Menschen, die
aufgrund einer Glücksspielsucht eine Sperre beantragen, zweifelsfrei
der schwächere Vertragspartner. Es kann nicht hingenommen werden,
dass diese Menschen, die sich aufgrund ihrer Glücksspielsucht mit all
den damit verbundenen Problemen in einer sehr schwierigen
Lebenssituation befinden, hinsichtlich ihrer Rechte getäuscht werden.
Sie sind jedenfalls bei Abschluss des Spielsperrvertrages nicht in
der Lage, ihre Rechte adäquat durchzusetzen.


Hintergrundinformationen:

Anteil des Automatenspiels:
Mit Automatenspielen erwirtschaften die Spielcasinos im Vergleich
zum so genannten "Großen Spiel" (Roulette, Black Jack, Baccara etc.)
deutlich höhere Erträge. So lag der Anteil am Gesamtertrag in 2004
bei 77% (1). Ausweiskontrollen erfolgen bei den zur Westdeutschen
Spielbankengesellschaft zugehörigen Casinos ausschließlich beim
Zugang zum Großen Spiel, d.h. der Zugang zum größeren und
wirtschaftlich bedeutenderen Bereich bleibt unkontrolliert.


Anzahl gesperrter Glücksspieler:
In Deutschland gibt es nach übereinstimmender Auskunft mehrerer
Spielbanken rund 30.000 gesperrte Spieler. Bei 2/3 davon soll es sich
um so genannte Selbstsperren handeln. Der Rest wurde aufgrund von
Manipulationsversuchen oder anderer Vorkommnisse seitens der Casinos
gesperrt.

Insgesamt gesehen ist das Sperrwesen in Deutschland als
unterentwickelt zu bezeichnen. Obwohl die Anzahl der Casinos in den
letzten Jahren stark angestiegen ist, stagniert die Anzahl der
gesperrten Spieler auf niedrigem Niveau (28.197)(2). Ein Vergleich
mit unserem Nachbarland Schweiz, das in Bezug auf die Realisierung
des Spielerschutzes wesentlich weiter entwickelt ist, macht dies
deutlich. In der Schweiz gibt es erst seit dem Jahre 2000
Spiel-banken, die in Bezug auf die angebotenen Glücksspiele mit den
deutschen Casinos vergleichbar sind. Trotz dieser relativ kurzen
Zeitspanne gab es dort Ende 2005 bereits insgesamt 13.500 gesperrte
Glücksspieler. In 2005 wurden 3.700 Personen neu mit einer
Spielsperre belegt (davon waren 2.800 so genannte Sperren auf eigenen
Wunsch)(3). Die Schweiz hat bekanntlich ca. 7,5 Mill. Einwohner.
Hätten die deutschen Spielbanken ein vergleichbares
Problembewusstsein in Bezug auf die Problematik Glücksspielsucht,
müsste es in Deutschland etwa 136.000 gesperrte Glücksspieler geben.
Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass es in der Schweiz auch beim
Zugang zum Automatenspiel eine Ausweiskontrolle gibt.

Ausweiskontrolle zum Automatenspiel:
Der Entwurf zum neuen Lotteriestaatsvertrag sieht eine
Ausweiskontrolle beim Zugang zum Automatenspiel ausdrücklich vor.
(4)

http://bc02.handelsblatt.com/news/ShowImage.aspx?img=1302325


Zur Situation von Glücksspielsüchtigen, die eine Sperre
beantragen:
Glücksspieler, die eine Selbstsperre beantragen, befinden sich in
der Regel am Anfang ihres Ausstiegs aus der Sucht. Häufig ist die
Sperre der erste Schritt. Das heißt, diese Spieler sind noch nicht in
der Lage, ihrem Spieldruck aus eigener Kraft ausreichend und
längerfristig zu widerstehen. Die Sperre ist für sie eine wirksame
Hilfestellung auf dem Weg in die Spielfreiheit. Wie Berichte von
Spielern (z.B. aus Foren im Internet) zeigen, funktioniert dies aber
nur, wenn die Sperre auch kontrolliert wird. Ansonsten ist der Weg in
einen Rückfall geebnet. Da Casinospieler häufig sehr hohe Beträge
verspielen, sind diese Rückfälle sehr schnell Existenz bedrohend.
Suchtberatungsstellen und Suchtfachkliniken motivieren ihre Klienten
in der ersten Therapiephase, eine Sperre zu beantragen. Sie verstehen
dies als Unterstützung der Motivation zur Spielabstinenz.

(1) Meyer, G. (2005). Glücksspiel. Zahlen und Fakten. In.
Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (Hrsg.). Jahrbuch Sucht 06
(S. 118). Geesthacht: Neuland
(2) Meyer, G. (2005). Spielsucht. Ursachen und Therapie.
Heidelberg: Springer, S. 52
(3) Jahresbericht 2005. Eidgenössische Spielbankenkommission,
Bern 2006 www.esbk.ch
(4) Entwurf zum Staatsvertrag für das Lotteriewesen vom
22.8.2006, fünfter Abschnitt § 20 Spielbanken

Originaltext: Fachverband Glücksspielsucht e.V.
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=51532
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_51532.rss2

Pressekontakt:
Ilona Füchtenschnieder Mobil: 0171 / 4231626
(Vorsitzende)

Fachverband Glücksspielsucht e.V.
Auf der Freiheit 25
32052 Herford
fon: 05221 / 5998-50
fax: 05221 / 5998-75
spielsucht@t-online.de
www.gluecksspielsucht.de


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