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Börsen-Zeitung: Zum Abschuss freigegeben?, Kommentar von Bernd Wittkowski zu den Forderungen einiger Politiker nach einem Rücktritt des BaFin-Präsidenten Jochen Sanio

Geschrieben am 11-09-2006

Frankfurt (ots) - Erst schießen, dann fragen: Nach diesem Motto
scheinen einige Politiker den mutmaßlichen Untreuefall bei der
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erledigen zu
wollen - und deren Präsidenten Jochen Sanio gleich mit. Was nach dem
Bekanntwerden eines Gutachtens von PwC diesmal über die BaFin - sonst
sind die Wirtschaftsprüfer gewöhnlich für die Aufsicht unterwegs -
verlautbart wird, ist hart an der Grenze zur Vorverurteilung. Es
sieht ganz so aus, als sei manchen die Gelegenheit sehr willkommen,
den unbequemen Sanio loszuwerden. Der ist mit seinem ausgeprägten
Selbstbewusstsein, das die intellektuelle Überlegenheit mitunter
vielleicht eine Spur zu deutlich durchschimmern lässt, schon vielen
Gesprächspartnern auf die Nerven gegangen. Auch Gesprächspartnern in
Regierung und Parlament.

Aber Finanzaufsicht ist nun einmal keine Angelegenheit für
Weicheier. Wenn Kontrolle wirken soll, muss sie den Kontrollierten
bisweilen weh tun. Das wissen - ungeachtet gelegentlicher Klagen über
eine allzu intensive und pingelige Beaufsichtigung - im Grunde auch
Banken, Versicherer und Wertpapierhäuser. Die Qualität der
Überwachung ist ein entscheidender Faktor im Wettbewerb der
Finanzplätze, von Effizienz und Schlagkraft der Aufsicht seitens
BaFin und Bundesbank profitieren mithin nicht zuletzt die Akteure
selbst. Andererseits muss sich eine Aufsicht, was die Korrektheit
ihres eigenen Handelns angeht, an allerhöchsten Ansprüchen messen
lassen. Ein Ordnungshüter, der nicht Vorbild ist, verliert seine
Glaubwürdigkeit. Die vom Bundesrechnungshof aufgedeckte, von Sanio
selbst im April angezeigte Veruntreuung durch einen leitenden Beamten
und mögliche weitere Korruptionsfälle sind deshalb für die BaFin
megapeinlich, zumal der Vorwurf im Raum steht, dass sich die
kriminelle Energie nicht zuletzt aufgrund organisatorischer Mängel
und Kontrolldefizite entladen konnte.

Aber deshalb Sanio, dessen persönliche Integrität über jeden
Zweifel erhaben ist und der sich als Finanzaufseher gerade auch auf
der internationalen Bühne eines untadeligen Rufs erfreut, zum
Abschuss freigeben? Wenn einer in der BaFin mit der gebotenen Härte
aufräumen kann, um Wiederholungsfällen vorzubeugen, dann doch am
ehesten er. Wer erst schießt und dann fragt, macht sich daher selbst
verdächtig, dass es in Wirklichkeit darum geht, einen bequemeren
Gesprächspartner zu installieren.

(Börsen-Zeitung, 12.9.2006)

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=30377
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Redaktion

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