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Loveparade: Presserat rügt Eingriff in die Privatsphäre Ergebnisse aus dem Beschwerdeausschuss

Geschrieben am 14-09-2010

Berlin (ots) - Dem Beschwerdeausschuss 1 des Deutschen Presserats
lagen bei seiner heutigen Sitzung 241 Beschwerden zur
Berichterstattung über die Massenpanik mit 21 Toten bei der
Loveparade 2010 in Duisburg vor. Dabei ging es vor allem um zwei
Themenkomplexe: die Darstellung der Massenpanik in Fotostrecken und
Videos sowie die Darstellung der Opfer der Loveparade in Fotos,
Geschichten und Videos. Diese Beschwerden wurden zu 13
Sammelbeschwerden zusammengefasst, so dass insgesamt 13 Ergebnisse
dazu vorliegen: Der Presserat sprach eine öffentliche Rüge sowie fünf
Missbilligungen und drei Hinweise aus. Vier Beschwerden waren
unbegründet.

Fotos dokumentieren tragische Umstände

Allein 179 Beschwerden erhielt der Presserat zu einer Fotostrecke,
auf der viele Momente der Massenpanik zu sehen waren. Die meisten
Beschwerdeführer monierten, dass die Darstellung einzelner Menschen,
die dort in ihrem Leid dargestellt wurden, unangemessen sensationell
sei. Auch die Fotos abgedeckter Leichen wurden moniert. Bis auf ein
Foto wurden diese Beschwerden jedoch als unbegründet zurückgewiesen.
Die Darstellungen waren fast ausnahmslos Szenenfotos, die die
tragischen Vorgänge verdeutlichten. Die Ausschussmitglieder stellten
klar, dass auch Fotos von abgedeckten Leichen durchaus gezeigt werden
dürfen, wenn dieses nicht in unangemessen sensationeller Darstellung
geschieht und die Opfer und Hinterbliebenen nicht erneut zu Opfern
werden. In den meisten Fotos der Bilderstrecke waren Szenen der
Massenpanik, der Rettungsmaßnahmen und auch einige abgedeckte Leichen
zu sehen, ohne unangemessen sensationell die Menschen zu bloßen
Objekten herabzuwürdigen. Manfred Protze, Vorsitzender des
Beschwerdeausschuss 1, erläutert: "Dass viele Menschen diese Fotos
unerträglich finden, darf nicht darüber hinweg täuschen, dass ein
solches Ereignis von hohem öffentlichen Interesse ist. Dabei dürfen
Journalisten auch Situationen zeigen, die die furchtbare Realität
dokumentieren."

BILD-Online erhielt eine öffentliche Rüge für die Darstellung
eines Einzelschicksals, in der die Redaktion ein ungepixeltes Foto
eines Opfers veröffentlichte und dazu Details der Todesumstände
beschrieb. So wurde unter anderem durch einen Arzt beschrieben, wie
das Opfer starb. Dies verstößt gegen die Ziffern 8 und 11,
insbesondere Richtlinie 11.1 des Pressekodex:

Ziffer 11 Richtlinie 11.1:

Unangemessen sensationell ist eine Darstellung, wenn in der
Berichterstattung der Mensch zum Objekt, zu einem bloßen Mittel,
herabgewürdigt wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn über
einen sterbenden oder körperlich oder seelisch leidenden Menschen in
einer über das öffentliche Interesse und das Informationsinteresse
der Leser hinausgehenden Art und Weise berichtet wird. [...]

Persönlichkeitsrechte nicht beachtet

In verschiedenen Zeitungen und Online-Portalen von Zeitungen
wurden die Opfer mit Foto dargestellt. Dazu kamen im Einzelfall
Vorname, abgekürzter Nachname, das Alter, der Wohnort sowie weitere
Details aus dem Leben wie Hobbies, Beruf etc. Dies verstößt gegen die
Privatsphäre der Opfer die nach Ziffer 8 geschützt wird. Richtlinie
8.1 führt näher dazu aus:

Ziffer 8 Richtlinie 8.1:

(1) Bei der Berichterstattung über Unglücksfälle [...]
veröffentlicht die Presse in der Regel keine Informationen in Wort
und Bild, die eine Identifizierung von Opfern und Tätern ermöglichen
würden. Mit Rücksicht auf ihre Zukunft genießen Kinder und
Jugendliche einen besonderen Schutz. Immer ist zwischen dem
Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Persönlichkeitsrecht
des Betroffenen abzuwägen. Sensationsbedürfnisse allein können ein
Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht begründen.

(2) Opfer von Unglücksfällen oder von Straftaten haben Anspruch
auf besonderen Schutz ihres Namens. Für das Verständnis des
Unfallgeschehens bzw. des Tathergangs ist das Wissen um die Identität
des Opfers in der Regel unerheblich. Ausnahmen können bei Personen
der Zeitgeschichte oder bei besonderen Begleitumständen
gerechtfertigt sein.

Drei Hinweise wurden in den Fällen ausgesprochen, in denen die
ungepixelten Fotos der Opfer mit Vorname und abgekürztem Nachnamen
versehen waren. Wurden weitere Details, wie Einzelheiten über die
Lebensumstände, veröffentlicht, so wurde eine Missbilligung
ausgesprochen. An diesen privaten Details bestand kein öffentliches
Interesse. Dies geschah in vier Fällen.

Der Beschwerdeausschuss hat sich in diesem Zusammenhang nicht zu
den Quellen der Opferfotos geäußert. Er ging allerdings - von einer
Ausnahme abgesehen - davon aus, dass sie ohne Einwilligung der
Hinterbliebenen veröffentlich worden sind. Das ist grundsätzlich
unzulässig. Die Frage, ob sie eventuell aus sozialen Netzwerken wie
Facebook stammen könnten, klärte der Ausschuss nicht. Hierüber hatten
die Zeitungen keine Informationen gegeben. Der Presserat wird sich
mit dieser Thematik jedoch zeitnah befassen, da er es als bedenklich
einstuft, wenn Journalisten hier für ihre Beiträge recherchieren und
sich der dort gespeicherten Fotos bedienen.

Weitere Ergebnisse

Über die weiteren Beschwerden, über die der Beschwerdeausschuss 1
am heutigen Tag zu beraten hat, informieren wir Sie in einer
gesonderten Pressemitteilung am Freitag, den 17.09.2010. Hier werden
dann auch die Ergebnisse des Beschwerdeausschuss 2 und des
Beschwerdeausschuss zum Redaktionsdatenschutz mitgeteilt.

Ansprechpartnerin für die Presse: Ella Wassink, Tel. 030-367007-0

Originaltext: Deutscher Presserat
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/14918
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_14918.rss2

Pressekontakt:
Deutscher Presserat
Telefon: 030-367 00 7-0
Fax: 030-367 00 7-20
E-Mail: info@presserat.de


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