(Registrieren)

Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Loveparade:

Geschrieben am 30-08-2010

Bielefeld (ots) - Der Sprachlosigkeit folgt jetzt die
Informationsflut: Nachdem sich die Sicherheitsverantwortlichen der
Loveparade am Tag nach der Katastrophe in einer grotesk anmutenden
Pressekonferenz durch beharrliches Nichtssagen die Schuld gegenseitig
in die Schuhe schieben wollten, tragen sie jetzt die vorgerichtliche
Auseinandersetzung in der Öffentlichkeit aus. Bisheriger Höhepunkt
ist die Eröffnung einer Web-Seite, auf der Loveparade-Veranstalter
Rainer Schaller und seine Firma Lopavent hochprofessionell und
haarklein die Vorgänge am 24. Juli in Duisburg aufarbeiten - aus
ihrer Sicht. Damit erreicht der Streit über die Verantwortung für
eine Katastrophe, bei der 21 junge Menschen ihr Leben verloren, eine
neue Qualität, die weit über den Fall hinausweist. Während bislang
über die Medien kommuniziert, gestritten und eine Öffentlichkeit
hergestellt wurde, gewährt jetzt ein Medium Einblicke sozusagen bis
in die Ermittlungsakte: das Internet. Seht her, so war es, dies ist
die Wahrheit!, will uns Schaller mit der kaum zu bewältigenden Flut
von Videos, Grafiken und Dokumenten sagen. Die Anmutung ist sachlich,
unaufgeregt, um Aufklärung bemüht, auf den ersten Blick überzeugend.
Dem im Vorfeld geäußerten Vorwurf, das Zeigen der Überwachungsvideos
sei pietätlos, da sie das Sterben von 21 Menschen dokumentieren,
entkräftet Schaller. Sämtliche abrufbaren Aufzeichnungen enden
spätestens um 16.40 Uhr, kurz bevor die ersten Menschen zu Tode
kamen. Eine sechseinhalbminütige Kurzdokumentation über die
angeblichen Unglücksursachen hätte keine Fernsehredaktion
handwerklich besser machen können. Die Sichtweise der Gegenseite wird
selbstverständlich vorenthalten. So wirkt alles in sich schlüssig:
Erst die Polizeisperren am Zugangsbereich zum Loveparade-Gelände
haben für die tödliche Enge gesorgt. Aber war es wirklich so? Die
Freischaltung der Internetseite zu diesem Zeitpunkt ist kein Zufall.
Am Donnerstag will die Polizei dem Landtag ihre Version der
Unglücksursachen erläutern. Die Öffentlichkeit solle anschließend
ihre Bewertung vornehmen, meint Dieter Wehe, Inspekteur der
NRW-Polizei. Bis dahin wollte Schaller aber nicht warten. Er
beansprucht schon jetzt die Deutungshoheit. Wir erleben den
erstmaligen Versuch, in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren
mit den geballten Möglichkeiten des Internet die öffentliche Meinung
zu steuern. Unglaublich: Schaller spricht sich im Internet selbst
frei. Ein fatales Signal, wenn diese Art der Aufarbeitung Schule
macht. Eine objektive Abwägung gibt es bei aller Ausführlichkeit der
Darstellung nicht. Die Generation Twitter verlangt danach vielleicht
auch nicht. Vielen werden die zugegeben so noch nicht gezeigten
Bilder reichen. Dies ist ein Beleg, wie wichtig jetzt die Rolle der
seriösen Medien ist, wie unverzichtbar aber auch eine gesunde Skepsis
bei Lesern und Zuschauern. Denn Schuldsprüche sollten der Justiz
vorbehalten bleiben, nicht dem Internet.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

286503

weitere Artikel:
  • Neue OZ: Kommentar zu Musik Osnabrück (ots) - Es dient der Kundenbindung Trotz Digital-5.1-Surround-Sounds und hochauflösenden Bildern: Kein Kino der Welt kann das Erlebnis ersetzen, ein Orchester live im Konzert zu hören oder einer Oper im Opernhaus zu folgen. Wozu also das Ganze? Auf jeden Fall streben die Protagonisten der digitalen Revolution im Klassiksektor mehr an, als nur neue Einnahmequellen zu erschließen. Wer das versucht, wäre ziemlich naiv, da die Einnahmen aus Kino- und Internetlizenzen allenfalls die Produktionskosten decken. Auch neue mehr...

  • WELTEN IM WEIN - Ein Parcours aus 40 Glasstelen / Herbstausstellung Mana Binz (mit Bild) Lieser/Brüssel (ots) - - Querverweis: Bildmaterial wird über obs versandt und ist abrufbar unter http://www.presseportal.de/galerie.htx?type=obs - Seit Dionysos ist Wein Teil der abendländischen Kultur. Im Herzen der Mittelmosel, in dem kleinen Ort Lieser, 4 km von Bernkastel-Kues entfernt, setzt sich die Künstlerin Mana Binz mit diesem Thema auseinander. Hier entsteht das Kunst- und Kulturprojekt "Welten im Wein": großformatige Bilder, für die Mana Binz in Assoziation zur Weinflasche den Werkstoff Glas gewählt mehr...

  • "Beckmann": Top-Quote mit Sarrazin Baden-Baden (ots) - Sommerpause beendet, Quotenmission erfüllt: "Beckmann" talkt wieder erfolgreich im Ersten. Der Moderator hatte am Montagabend unter anderem Bundesbank-Vorstand und SPD-Mitglied Thilo Sarrazin zu Gast, der in den vergangenen Tagen mit umstrittenen Thesen über Migranten für Gesprächsstoff gesorgt hatte. Wie media control mitteilt, ließen sich rund 2,18 Millionen Zuschauer ab drei Jahren (Marktanteil: 15,5 Prozent) die ARD-Sendung ab 22.45 Uhr nicht entgehen Die Zuschauerzahl war so hoch wie seit Mitte Juni mehr...

  • DIWAN AM RHEIN: WDR Funkhaus Europa und KölnMusik veranstalten buntes Kulturfest zum Ende des Fastenmonats Ramadan Köln (ots) - WDR Funkhaus Europa und KölnMusik laden gemeinsam zu einem großen Kulturfest mit Konzerten und Kulinarischem zum Ende des Fastenmonats Ramadan ein. Vom 10. bis 12. September können Besucherinnen und Besucher unter dem Motto DIWAN AM RHEIN in und vor der Kölner Philharmonie eine sinnliche Reise ins Morgenland erleben. Bekannte Gruppen und Musiker wie die Formation des in New York lebenden Türken İlhan Erşahin, der algerische Superstar Khaled und das Pera Ensemble mit einem musikalischen Märchen für Kinder mehr...

  • Fünf Wochen Vorlesen für religiöse und kulturelle Toleranz / Start der gemeinsamen Aktion "Lies für Toleranz!" des "Deutschen Vorlesepreises 2010" mit Vertretern der Weltreligionen in Köln Köln (ots) - Gemeinsam ein Zeichen setzen gegen ethnische Vorurteile und für mehr religiöse und kulturelle Toleranz! Mit Vertretern der Weltreligionen und Bürgermeister Manfred Wolf startet am Donnerstag, 2. September 2010, eine besondere Vorlesereihe in Köln. Initiiert vom "Deutschen Vorlesepreis" lesen gläubige Christen, Muslime, Juden und Buddhisten fünf Wochen lang religiöse Texte vor, u.a. in Gotteshäusern, Gemeinden und Kindertagesstätten. Im Mittelpunkt der Aktion unter dem Motto "Lies für Toleranz!" stehen religiöse Texte mehr...

Mehr zu dem Thema Alles rund um die Kultur

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

Pinocchio erreicht Gold in Deutschland mit Top-3-Hit "Klick Klack" - "Mein Album!" erscheint am heutigen Tag - Neue Single "Pinocchio in Moskau (Kalinka)" folgt am 17. März

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht