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Forderung der Gesellschaft für Sexualpädagogik zur aktuellen Debatte um "sexuellen Missbrauch": Sexualpädagogik muss eine bedeutendere Rolle in der Ausbildung von Pädagoginnen und Pädagogen einnehmen

Geschrieben am 22-03-2010

Kiel (ots) - Die aktuelle Debatte um diverse Formen sexualisierter
Gewalt hat sich über die katholische Kirche hinaus zur Frage des
Umgangs mit Sexualität sowie mit Nähe und Distanz in pädagogischen
Institutionen verallgemeinert. Aus diesem Grund schaltet sich die
Gesellschaft für Sexualpädagogik e.V. (GSP) aus
erziehungswissenschaftlicher Perspektive in die Debatte ein, um
konstruktive Vorschläge zur Problemminderung beizusteuern. Die GSP
fordert mehr Professionalität in der Sexualerziehung und beim Umgang
mit Nähe und Distanz in allen pädagogischen Einrichtungen und
deswegen auch in allen erziehungswissenschaftlichen Ausbildungen.
Dies kann nur gewährleistet werden, wenn Pädagoginnen und Pädagogen
sich mit den Themen Sexualität, Nähe, Distanz, Macht und Identität
auseinandersetzen. Dazu bedarf es einer soliden Verankerung
sexualpädagogischer Inhalte in die Ausbildungsgänge aller
pädagogischen Berufe.

Alle pädagogisch Tätigen müssen sich mit Nähe und Distanz im
Umgang mit Kindern und Jugendlichen auseinandersetzen und zwar sowohl
in körperlicher, emotionaler als auch sozialer Hinsicht. Eltern,
Jugendleiterinnen und Jugendleiter, Trainerinnen und Trainer,
Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, Lehrerinnen und Lehrer - sie
alle stehen in sehr unterschiedlichen Kontexten und
Verantwortlichkeiten vor der Aufgabe, (auch) persönliche, oft intime
Themen und Probleme der ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen zu
begleiten, ohne ihnen dabei zu nahe zu treten und das dem
Erziehungsprozess inhärente Machtverhältnis auszunutzen bzw. zu
benutzen. Pädagogischer Umgang mit Nähe und Distanz, mit Macht und
Ohnmacht meint nicht einseitig das Einhalten von Distanz, weil zu
helfenden Beziehungen ein Sich-Einlassen ebenso dazu gehört wie ein
Sich-Distanzieren, Bindung ebenso wie Freilassen.

Das dazu erforderliche Wissen und die benötigten Kompetenzen, das
die Sexualpädagogik als Spezialdisziplin bereit stellt, werden in den
Ausbildungs- und Praxisstätten von Pädagoginnen und Pädagogen bisher
nur unzureichend gelehrt und reflektiert. Hierzu gehört unter anderem
das Wissen darum, dass

- Menschen in jeder Situation immer ganzheitlich mit ihren
körperlichen, emotionalen und sozialen Erfahrungen und
Bedürfnissen anwesend sind,

- die Fähigkeit zu selbst kontrollierendem und damit auch
situationsangemessenem Verhalten bei Kindern und
Jugendlichen sich erst langsam entwickelt,

- Erwachsene immer Verantwortung für die ungestörte
Entwicklung der Kinder und Jugendlichen tragen,

- Kontakte und Situationen vermieden werden können und
müssen, in denen die angemessene Nähe und Distanz nicht
mehr gewährleistet ist.

Nähe und Distanz zwischen pädagogisch Tätigen und den zu
Erziehenden ist immer eingebettet in ein Machtgefälle zwischen
Erwachsenen und Heranwachsenden wie auch in spezifische situative
Rahmenbedingungen. Diese sind für sexualisierten Machtmissbrauch umso
anfälliger, je geschlossener sie sind. Das gilt für die Art der
Beziehung, z. B. Trainingsund Erziehungskontexte ebenso wie für
Institutionen, z. B. Familie, Heim, Internat oder Gefängnis. In
solchen Kontexten stehen auch Kinder und Jugendliche untereinander in
der Gefahr, ihre Intimgrenzen zu überschreiten.

Das gilt umso mehr, wenn das Sprechen über Sexualität persönlich
und institutionell tabuisiert wird und sexualpädagogisches
Bewusstsein fehlt, so dass sexualisierte Machtspiele und
sexualisierter Machtmissbrauch wahrscheinlicher werden. Neben der
Berücksichtigung des Themas "Nähe und Distanz" sollten Pädagoginnen
und Pädagogen grundsätzlich sexualpädagogisch qualifiziert werden.
Nur so kann die institutionelle Tabuisierung des Redens und
Reflektierens über Sexualität aufgehoben und professionell
eingebettet sowie Entgleisungen vorgebeugt werden. Darüber hinaus hat
Sexualpädagogik präventiven Charakter, indem sie Kinder und
Jugendliche stärkt, auf sozialer, psychischer und körperlicher Ebene
Grenzen zu setzen.

Die Gesellschaft für Sexualpädagogik spricht sich dafür aus, dass
bei Maßnahmen zur Verhinderung von sexualisierter Gewalt (z. B.
runden Tischen) unbedingt sexualpädagogisch kompetente Personen
beteiligt werden. Auf diese Weise kann aus bereits erfolgreichen Aus-
und Fortbildungsprojekten sowie anderen sexualpädagogischen
Interventionen, wie z.B. "Inhouse"-Fortbildungen für pädagogische
Teams, gelernt werden. Gerne stehen wir als Fachverband für einen
Erfahrungsaustausch und für Gespräche zur Verfügung.

Universität Kiel
Institut für Pädagogik
Gesellschaft für Sexualpädagogik e.V.
Prof. Dr. Uwe Sielert
Olshausenstraße 75
24118 Kiel
Telefon +49 (0)4 31/ 88 0 -12 13
Fax +49 (0)4 31/ 88 0 - 54 97
buero@gsp-ev.de
www.gsp-ev.de

Die GSP ist ein bundesweiter Fachverband von wissenschaftlich und
praktisch tätigen Sexualpädagoginnen und -pädagogen, die sich der
Qualitätssicherung sexualpädagogischer Arbeit verpflichtet fühlen.
Die GSP berät gesellschaftliche Institutionen, pädagogisch Tätige und
Teams zum Thema Sexualität in pädagogischen Kontexten. Seit 2008
vergibt der Verband ein Qualitätssiegel, um die Professionalisierung
sexualpädagogisch Tätiger voranzutreiben. Unter anderem auch deshalb,
weil die Berufsbezeichnung "Sexualpädagoge/Sexualpädagogin" in
Deutschland nicht geschützt ist. Weitere Informationen über das
Qualitätssiegel der GSP finden sich unter:
http://www.gsp-ev.de/content/view/72/76/

Originaltext: GSP Gesellschaft für Sexualpädagogik
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/79460
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_79460.rss2

Pressekontakt:
Dr. Stefan Timmermanns, 1. Vorsitzender, mail@timmermanns.eu
Prof. Dr. Uwe Sielert, Geschäftsführung,
sielert@paedagogik.uni-kiel.de
Prof. Dr. Elisabeth Tuider, Vorstandsmitglied,
tuider@uni-hildesheim.de


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