(Registrieren)

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Jahrestag des Amoklaufs in Winnenden:

Geschrieben am 11-03-2010

Bielefeld (ots) - Um 9.33 Uhr läuteten gestern in Winnenden die
Glocken, während die Menschen schwiegen. Ein Jahr ist seit der
unfassbaren Bluttat vergangen, verjährt aber ist gar nichts.
Die Trauer, das Entsetzen, die Frage nach dem Warum sind so
gegenwärtig wie am 11. März 2009. Am Jahrestag rückten sie nur wieder
stärker in den Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung.
Da sind die Angehörigen der Ermordeten, die Mitschüler, die Lehrer,
denen jede nur denkbare Hilfe zuteil wird, damit sie von der Last des
Erlebten, des Erlittenen, des Unverdrängbaren nicht erdrückt werden.
Doch die Opfer wollen nicht zeitlebens Opfer bleiben. Sie haben
überlebt, sie wollen ihr Leben weiterleben, so unbeeinträchtigt, wie
es nur eben möglich ist. Sie verdienen Schutz und Respekt.
Da sind die Reporter, die ein Jahr danach wieder in großer Zahl aus
Winnenden berichten. Sie hören die Mahnung von Bundespräsident Horst
Köhler: Detaillierte Berichterstattung über die Täter, ihre Motive
und ihre Vorgehensweise könne Nachahmer zu ähnlichen Taten anstiften.
Das ist nicht als Aufforderung misszuverstehen, Fakten oder
Zusammenhänge zu verschweigen. Sehr wohl aber muss sich die Zunft der
Journalisten fragen lassen, ob tatsächliche oder unterstellte
Sensationsgier bei Lesern oder Zuschauern stets befriedigt werden
muss.
Da ist die Politik, die nassforsch zur Tagesordnung übergegangen ist.
Die nach der Tat von Winnenden beschlossene Reform des Waffengesetzes
sei ausreichend, findet etwa CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach. Fall
erledigt? Polizeipraktiker wie Klaus Jansen vom Bund Deutscher
Kriminalbeamter sehen das ganz anders. Zurecht: Ganze fünf
Hausbesuche bei Waffenbesitzern gab es im vergangenen Jahr im Kreis
Gütersloh, null im Kreis Minden-Lübbecke - das ist unfassbar.
Zugegeben: Die bloße Existenz von Waffen löst noch keinen Amoklauf
aus. Ohne Waffen aber ist ein solches Blutbad eben nicht möglich.
Horst Köhler hat also Recht, wenn er sagt: »Es kann auch viel
geschehen - noch mehr als bisher - damit gefährdete Menschen nicht an
Schusswaffen gelangen.«
Und da sind der Täter, mit dem man sich eben doch befassen muss, und
sein Umfeld: Man weiß von psychischen Problemen des 17-Jährigen und
von der Schießleidenschaft des Vaters. Von einer wirklichen Erklärung
sind wir weit entfernt.
Das Klügste, was es dazu zu sagen gibt, hat Gisela Mayer, die Mutter
der getöteten Referendarin, in ihrem Buch »Die Kälte darf nicht
siegen« formuliert: Vertrauen, Verantwortung, Zuneigung und Zeit -
das sei es, was Familien ihren Kindern mit auf den Weg geben müssten.
Der Mörder Tim K. sei ein »exemplarisches Produkt dieser
Gesellschaft«.
Diese Mahnung wirkt über den Jahrestag hinaus. Sie ist Verpflichtung
für jeden Einzelnen - jeden Tag.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

256651

weitere Artikel:
  • WAZ: Hochschule für Gesundheitsberufe - Hebamme mit Studium. Kommentar von Petra Koruhn Essen (ots) - Vielleicht fragt sich mancher, warum ein Physiotherapeut ein Studium braucht. Die Hebamme mit Bachelor - das ist nicht verpflichtend, aber jetzt machbar. Und zwar vor der Haustür. In Bochum entsteht die erste Hochschule für Gesundheitsberufe. Das ist ein Angebot, das in anderen Ländern längst Alltag ist. In den USA, in Großbritannien, in Skandinavien und auch in Österreich und in der Schweiz ist die akademische Laufbahn einer Pflegerin Alltag. Gute Leute wandern längst dahin ab. Auch deshalb müssen wir mithalten können. mehr...

  • WAZ: Mülheim zeigt sich filmfreundlich. Kommentar von Arnold Hohmann Essen (ots) - Die trostlosen Schwarzweißbilder sind uns noch in guter Erinnerung: Jürgen Vogel, wie er als notorischer Vergewaltiger in "Der freie Wille" auf Beutesuche durch ein nächtliches Revier tigert, durch menschenleere Straßen, vorbei an den Betonsünden einer Hauruck-Gebrauchsarchitektur, hinein in düstere Parkbunker. Atmosphärisch großartig, für Mülheim/Ruhr allerdings nicht unbedingt ein Aushängeschild. Nun wissen wir im Ruhrgebiet ja seit Schimanski, dass gefragte "Locations" als Motive nicht unbedingt die Sonnenseiten einer mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Niederlande / Kunst / Kunstmarkt Osnabrück (ots) - Im Schatten der Blitzlichtgewitter Alle reden vom Rekordpreis für die Giacometti-Plastik. Aber hinter dem Hype wird das eigentliche Geschäft gemacht. Auch wenn Spitzenwerke wie der "Schreitende Mann" mit unglaublich hohen Erlösen die Öffentlichkeit faszinieren - viele andere Millionen fließen in alte Meister und Antiquitäten. Werden die wirklich wichtigen Transaktionen also eher im tiefen Schlagschatten der Blitzlichtgewitter abgewickelt? Der Trendbericht aus Maastricht bestärkt nicht nur den Eindruck, dass Kunstkäufe mehr...

  • Chemnitz lässt Industriegeschichte aufleben / Tage der Industriekultur vom 10.-12. September 2010 Berlin/Chemnitz (ots) - Vom 10. bis 12. September 2010 finden in Chemnitz erstmals Tage der Industriekultur statt. Dies gab die City-Management und Tourismus Chemnitz GmbH (CMT) heute auf der ITB Berlin bekannt. "Das 125-jährige Jubiläum des bedeutenden Chemnitzer Automobilherstellers Wanderer, das 175-jährige Bestehen der Eisenbahn in Deutschland sowie die zwanzigjährige Erfolgsgeschichte der Chemnitzer Wirtschaft seit der Wiedervereinigung nehmen wir zum Anlass, ein ganzes Wochenende der traditionsreichen Chemnitzer Industriegeschichte mehr...

  • Ausschreibung zum Thema HIV / Aids Medienpreis der Deutschen AIDS-Stiftung 2009/2010 Bonn (ots) - Die Deutsche AIDS-Stiftung nimmt Bewerbungen für ihren Medienpreis 2009/2010 an. Bewerbungsschluss ist der 31. Januar 2011. Zugelassen sind Beiträge zum Thema HIV und Aids aus Print, TV, Hörfunk, Internet, anderen AV-Medien sowie künstlerische Beiträge, die in den Jahren 2009 oder 2010 erstmals in deutscher Sprache veröffentlicht wurden. Das Preisgeld beträgt insgesamt 15.000 Euro für bis zu drei herausragende Bewerbungen, gestellt von Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG. Der Medienpreis wird seit dem Jahr 1987 mehr...

Mehr zu dem Thema Alles rund um die Kultur

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

Pinocchio erreicht Gold in Deutschland mit Top-3-Hit "Klick Klack" - "Mein Album!" erscheint am heutigen Tag - Neue Single "Pinocchio in Moskau (Kalinka)" folgt am 17. März

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht