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Ethikrat diskutierte in international besetzter Sachverständigen-Anhörung über Mensch-Tier-Mischwesen

Geschrieben am 26-02-2010

Berlin (ots) - Die Vermischung menschlicher und tierischer Gene,
Zellen und Gewebe im Labor wirft ethische Fragen nach der Bedeutung
und möglichen Verwischung der Grenze zwischen Mensch und Tier auf, zu
denen der Deutsche Ethikrat derzeit eine Stellungnahme erarbeitet.
Vor diesem Hintergrund hat der Rat am 25. Februar 2010 Experten aus
den USA, Großbritannien und Österreich zu einer öffentlichen Anhörung
eingeladen.

Nachdem Ratsmitglied Jens Reich in die naturwissenschaftlichen
Grundlagen der Mischwesenbildung eingeführt hatte, referierte
Matthias Beck, katholischer Theologe an der Universität Wien,
zunächst über die Herstellung sogenannter cytoplasmatischer Hybride,
bei denen der Zellkern einer menschlichen Körperzelle in eine
entkernte tierische Eizelle verpflanzt wird, um embryonale
Stammzellen herzustellen. Beck hält diese Forschung, die derzeit
international, nicht aber in Deutschland betrieben wird, für ethisch
nicht gerechtfertigt, da solche Hybride menschliche Embryonen seien,
die zu Forschungszwecken hergestellt würden und zudem durch den
Klonierungsprozess und das im Zellplasma verbleibende tierische
Genmaterial geschädigt seien. Eine derartige Verzweckung sei nicht
mit der Menschenwürde vereinbar.

Robert Streiffer, Philosoph an der University of Wisconsin,
Madison (USA), sprach über den moralischen Status von Tieren mit
menschlichen Zellen. Dieser hinge davon ab, ob man für die
Menschenwürde bestimmte, vor allem kognitive Eigenschaften für
ausschlaggebend halte, ob hierfür schon das Potenzial, solche
Eigenschaften zu entwickeln, reiche oder die bloße Zugehörigkeit zur
Gattung Mensch entscheidend sei. Sollte ein Mischwesen nach einem
dieser Ansätze einen veränderten moralischen Status erlangen, sei
dies noch kein grundsätzliches Problem, sagte Streiffer. Entscheidend
sei vielmehr, dass ein derart verändertes Tier dann auch mit mehr
Respekt behandelt werden müsse, und das könne im Rahmen von
Tierversuchen schwierig sein.

Der Philosoph und Tiermediziner Mark Greene von der University of
Delaware (USA) argumentierte, dass Mischwesen selbst ohne
gesteigerten moralischen Status tierethische Herausforderungen seien,
da veränderte Eigenschaften dazu führen könnten, dass solche
Kreaturen keine Artgenossen mehr hätten, mit denen sie normal
interagieren könnten. Greene betonte die Notwendigkeit, in der
Forschung mehr auf Risiken der Übertragung von artfremden
Krankheitserregern durch Mischwesen zu achten und bessere Methoden
für die Erforschung statusrelevanter Eigenschaften und
Verhaltensweisen in Mischwesen zu entwickeln.

John Harris von der University of Manchester (Großbritannien)
wagte die These, dass die genetische Zusammensetzung und
Herstellungsweise einer Kreatur irrelevant seien, solange ihr
aufgrund bestimmter Eigenschaften der volle Würdestatus zukomme. Der
Mensch habe sich im Verlauf der Evolution erstens ständig graduell
verändert und zweitens viele Gemeinsamkeiten mit anderen Arten
beibehalten. Er betonte in diesem Zusammenhang, dass zwischen Mensch
und Tier weniger eine genau bestimmbare Grenze als vielmehr ein
Kontinuum bestehe. Es spreche nichts dagegen, auch künftigen
Veränderungen gegenüber aufgeschlossen zu sein, selbst wenn diese
durch menschliches Handeln und unter abrupter Vermischung
menschlicher und tierischer Gene und Zellen künstlich herbeigeführt
würden. Entscheidend für eine positive Bewertung sei letztlich, ob
einer künstlich hergestellten oder veränderten Kreatur durch die
Mischung mit anderen Arten ein besseres Leben ermöglicht werde.

In der anschließenden, mehrstündigen Diskussion griffen die
Mitglieder des Deutschen Ethikrates insbesondere die verschiedenen
Begründungen von Würde sowie Abwägungsmöglichkeiten zwischen
unterschiedlichen Eingriffstiefen bei der Herstellung von Mischwesen
auf.

Es müsse darüber nachgedacht werden, in welchem Umfang man
zulassen darf, dass sich die Eigenschaften und das Verhalten eines
Tieres qualitativ veränderten, fasste Wolf-Michael Catenhusen,
Sprecher der Arbeitsgruppe, die die Stellungnahme des Ethikrates
maßgeblich erarbeitet, zusammen.

Eine begleitende schriftliche Befragung bot auch Interessenten aus
der Öffentlichkeit Gelegenheit, dem Deutschen Ethikrat ihre Ansichten
zu Fragen der Herstellung von Mensch-Tier-Mischwesen mitzuteilen. Die
Teilnahme an der Befragung ist über den unter www.ethikrat.org
verfügbaren Fragebogen auch für Interessenten, die nicht an der
Anhörung teilnehmen konnten, noch bis zum 5. März möglich.

Originaltext: Deutscher Ethikrat
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/42978
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_42978.rss2

Pressekontakt:
Ulrike Florian
Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutscher Ethikrat
Jägerstrasse 22/23
D-10117 Berlin

Tel: +49 +30 203 70-246
Fax:+49 +30 203 70-252
E-Mail: florian@ethikrat.org
URL: http://www.ethikrat.org


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