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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Trauer um Robert Enke

Geschrieben am 13-11-2009

Bielefeld (ots) - Nachdem Robert Enke seinem Leben am
Dienstagabend ein Ende gesetzt hatte, stand neben allem Entsetzen,
aller Trauer und aller Bestürzung stets eine Frage: Warum? Einen Tag
später brachte uns Teresa Enke mit einem bewegenden Auftritt vor
laufenden Kameras der Beantwortung dieser Frage einen Schritt näher.
Robert Enke war krank, sehr krank.
Verfolgt man die Anteilnahme am und die Berichterstattung über den
Tod Robert Enkes fragt man sich wieder: Warum? Warum nehmen
unorganisiert, ja fast spontan 35 000 Menschen an einem Trauermarsch
teil? Warum wird das Stadion in Hannover bei der Trauerfeier an
diesem Sonntag mit 50 000 Menschen gefüllt sein? Warum überbieten
sich die Fernsehsender, Zeitungen und Zeitschriften mit
Sondersendungen und Sonderseiten?
Vor allem aber: Warum passiert das alles im Fall Robert Enke und in
so vielen anderen Fällen nicht? Jeden Tag setzen 20 Menschen ihrem
Leben ein Ende, doch kaum jemand nimmt Notiz davon. Die Frage ist
berechtigt: Wo hört die Anteilnahme auf, wo fängt der Hype, wo die
Hysterie an?
Sicher, Robert Enke war prominent, was die meisten Selbstmörder nicht
sind. Sicher, Robert Enke war ein besonderer Typ. Er war als
Fußballer außergewöhnlich gut. Und nach allem, was man weiß, war er
an seinen Mitmenschen ebenso interessiert wie an Dingen, die sich
außerhalb des grünen Rasens abspielen.
Hinzu kommt auch, dass Robert Enke lange schon nicht mehr nur als
Star, sondern auch als Mensch zu erleben war. Enke hatte seine Umwelt
an seiner Trauer über den Verlust seiner Tochter Lara teilhaben
lassen. Er hatte gemeinsam mit seiner Frau die Öffentlichkeit gesucht
und so gezeigt, dass ein Beruf, von dem jeder kleine Junge träumt,
und ein Gehalt, das die meisten Männer neidisch werden lässt, keine
Garantie für Lebensglück sind.
Robert Enke stand auch für diese Botschaft: Jeder ist verletzlich
und angreifbar. Die Depression, die ihn erfasst hatte, fügte dieser
Erkenntnis in der Wahrnehmung der Fans nunmehr einen weiteren Beleg
hinzu.
Bekannt, beliebt und doch mit Haut und Haar ein Mensch - ist das die
Mixtur, die den Trauerfall Enke zur nationalen Sache macht? Es
scheint so zu sein, und doch scheint immer noch etwas zu fehlen.
Zudem geht vieles unter: Wer denkt eigentlich an die Lokführer, die
das Geschehen ihr Leben lang nicht wieder loswerden? Wer denkt an die
Witwe, die doch das Schicksal mit ihrem Mann teilen wollte und nun
allein von den zukünftigen Herausforderungen des Lebens steht?
Und doch: In der Trauer um Robert Enke kommt ein Bedürfnis nach mehr
Achtsamkeit zum Ausdruck. Es wird öffentlich, was zumeist auf das
Private zurückgeworfen wird. Die Schwäche des Robert Enke wird zur
Projektionsfläche der eigenen Schwachheit.
Auch ist Trauer individuell. Für Vergleiche eignet sie sich
keineswegs. Und nicht jede Trauer, die man selbst nicht ernst nehmen
kann, muss unecht sein. Das sollte bedenken, wen es vor den Bildern
der Woche, vor den Bildern dieses Sonntags graust.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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