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Gipfeltreffen der Infektionsmedizin in Berlin beendet

Geschrieben am 09-11-2009

Berlin (ots) -

Experten warnen vor Zunahme lebensbedrohlicher Erreger / Mehr in
Prävention und Therapie von Infektionskrankheiten zum Schutz der
Bevölkerung investieren

Rund 150 führende Wissenschaftler und Infektiologen haben sich am
5. und 6. November auf dem "2. Nationalen Innovationsforum Medizin"
in Berlin getroffen und über aktuelle Gefahren durch
Infektionskrankheiten und geeignete Schutzmaßnahmen beraten. Vor
allem die Zunahme multiresistenter Krankheitserreger bezeichneten die
Experten als ernste Bedrohung.

Grippe-Virus A/H1N1: Die Gefahr ist die Mutation

Zum neuen Grippe-Virus A/H1N1 in Deutschland erklärte Prof.
Reinhard Kurth vom Robert Koch-Institut: "Die Gefahr besteht, dass
das Virus mutiert und weitaus gefährlicher wird, als es bislang ist."
Kurth sprach von einem "großen Glück", dass das Virus so abgeschwächt
sei. "Optimismus darf aber keine Vorsoge ersetzen", mahnte Kurth.
Impfung sei der beste Schutz, um die Gefahr der Verbreitung und
Mutation des Virus einzudämmen. Dass innerhalb von nur sechs Monaten
ein Impfstoff entwickelt wurde, werteten viele Fachleute als großen
Erfolg. "Das zeigt einmal mehr, welches Potenzial in der
Impfstoffforschung steckt", betonte Prof. Norbert Suttorp,
Lehrstuhlinhaber für Infektiologie an der Charité,
Universitätsmedizin Berlin.

Multiresistente Keime: Keine neuen Substanzen in Sicht

Impfungen könnten auch nützliche Helfer sein, um das Problem der
Resistenzentwicklung in den Griff zu bekommen, meinten die Experten
in Berlin. Denn gefährliche Krankheitserreger, die gegen antivirale
Substanzen oder Antibiotika resistent sind, breiten sich weltweit
immer weiter aus. Vor allem Antibiotika-Resistenzen machen den
Wissenschaftlern zu schaffen. Angesichts von rund 500.000
Tuberkulosefällen mit multiresistenten Erregern im Jahr 2006 sagte
der Präsident des Robert Koch-Instituts Prof. Jörg Hacker in Berlin:
"Bei multiresistenter Tuberkulose wie MDR-Tb sind wichtige
Medikamente wirkungslos." Den Opfern solcher Erreger blieben kaum
Therapieoptionen und bei der extrem resistenten Tuberkuloseform
XXDR-Tb gebe es keinerlei Behandlungsmöglichkeit. Ähnlich
besorgniserregend ist die weltweite Zunahme des
Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA). Nach Angaben
von Prof. Ivo Steinmetz vom Friedrich-Löffler-Institut in Greifswald
erkranken in Europa jedes Jahr etwa drei Millionen Patienten an einer
MRSA-Infektion - 50.000 bis 100.000 sterben daran. Besonders
alarmierend sei, dass ein Großteil der Antibiotika-Resistenzen im
Krankenhaus entstehe. Experten schätzen, dass mindestens 20 Menschen
pro Tag in Deutschland sterben, weil sie sich im Krankenhaus mit
multiresistenten Keimen infiziert haben.

Antibiotika: Je mehr wir sie benutzen, desto mehr verlieren wir
sie

Maßgeblich für den Anstieg von Antibiotika-Resistenzen ist der
hohe Antibiotikaverbrauch. Dieser sei in Deutschland allein zwischen
2003 und 2007 um 31 % gestiegen, erläuterte Prof. Harald Seifert vom
Mikrobiologischen Institut des Universitätsklinikums Köln. "Etwa 20
bis 50 % der Antibiotikaverordnungen sind aber überflüssig."
Unzureichende Diagnostik und die Angst vor Fehlentscheidungen seien
die Hauptursachen für die Übertherapie. Die aber hat fatale Folgen.
"Je mehr Antibiotika wir benutzen, desto mehr verlieren wir sie",
sagte Seifert.

Schnelle Diagnostik: Gefährliche Übertherapie verhindern

Ein Weg den Antibiotikaverbrauch zu senken, wäre etwa eine
schnellere Diagnostik. In der Schweiz wurde der Biomarker basierte
Procalcitonin-Test (PCT) in zwei Studien* getestet. Der Bluttest
klärt in wenigen Minuten auf, ob eine bakterielle Infektion vorliegt
und welchen Schweregrad sie hat. "Mit dem PCT-Test konnten wir den
Verbrauch von Antibiotika in der Schweiz signifikant senken: um 50 %
in den Kliniken und um 75 % in den Praxen", berichtete Prof. Beat
Müller vom Kantonsspital Aarau. "Dementsprechend gingen auch die
Kosten runter." Deutschlands Kassen hingegen zweifeln an einem
Einspareffekt. Im ambulanten Bereich wird der Test (zehn Euro)
bislang nicht erstattet, dabei werden gerade hier die meisten
Antibiotika verordnet. Vor dem Hintergrund der steigenden Anzahl hoch
resistenter Erreger warnte der Infektiologe Suttorp: "Derzeit sind
keine neuen Antibiotika-Substanzen in der Pipeline, um die neuen
Angreifer zu bekämpfen. Wenn wir an unserem Wohlstand festhalten
wollen, müssen wir mehr in die Erforschung von Infektionskrankheiten
und Impfstoffen investieren."

HIV, Tuberkulose, Malaria: Sechs Millionen Todesopfer pro Jahr

Auch bei den "drei großen" Infektionskrankheiten befinden sich die
Wissenschaftler im Wettlauf mit der Zeit. Jedes Jahr sterben auf der
Welt rund drei Millionen Menschen an AIDS, zwei Millionen an
Tuberkulose und eine Million Menschen an Malaria. "Zur Behandlung von
AIDS gibt es heute gut wirksame antiretrovirale Medikamente, aber
letztlich ist die Krankheit unheilbar", sagte Dr. Claudia Schmitt von
IAVI, einer Organisation, die HIV-Impfstoffe erforscht. Bei 2,5
Millionen HIV-Neuinfektionen pro Jahr wäre eine Impfung das einzige
probate Präventionsmittel. "Trotz 20 Jahre intensiver Forschung ist
es uns bislang nicht gelungen, neutralisierende Antikörper zu
entwickeln", erklärte Schmitt. Mutationsrate und genetische
Variabilität des HI-Virus machten eine Immunisierung extrem
schwierig. Auch die Ergebnisse der kürzlich veröffentlichten
"Thai-Studie", bei der offenbar mit einem Versuchs-Impfstoff das
Ansteckungsrisiko um ein Drittel gesenkt werden konnte, seien nicht
der erhoffte Durchbruch. Ein Impfstoff wäre auch ein Meilenstein im
Kampf gegen Tuberkulose, doch den gibt es trotz jahrzehntelanger
Forschung noch nicht. Etwas viel versprechender sieht es in der
Malaria-Forschung aus. Ein neuer Impfstoff hatte in den ersten beiden
Testphasen erstaunliche Ergebnisse verzeichnet. Bei Malaria, sagte
Reinhard Kurth, sei das Licht am Ende des Tunnels endlich in Sicht.

Impfungen: Viele lebensbedrohliche Krankheiten zurückgedrängt

"Impfungen gehören zu den wirksamsten und kostengünstigsten
Maßnahmen zur Prävention von Infektionskrankheiten", fasste Norbert
Suttorp zusammen. Man dürfe nicht vergessen, welchen Segen Vakzine
für die Menschheit gebracht haben und nicht nur über Gefahren reden.
So haben Impfungen neben Hygiene und Antibiotika maßgeblich dazu
beigetragen, dass sich die Lebenserwartung in West-Europa in den
letzten 100 Jahren verdoppelt hat. Ein jüngster Impferfolg war die
Pneumokokken-Impfung. Seit ihrer Einführung im Jahr 2006 sind
Pneumokokken-Infektionen, die bei Kleinkindern zur gefürchteten
Meningitis führen können, in Deutschland um 90 % zurückgegangen. "Der
Erfolg ist auch auf einen Herdenimmunitätseffekt zurückzuführen",
kommentierte der Pädiater Prof. Fred Zepp vom Universitätsklinikum
Mainz das Impfprogramm. "Wenn das Kleinkind geimpft ist, steckt sich
auch der Großvater nicht bei ihm an."

2. Nationales Innovationsforum Medizin 2009 - Prävention und
Behandlung von Infektionskrankheiten Ziel des Kongresses ist es,
Wissenschaftler, Ärzte und Vertreter aus Politik, forschender
Industrie und Kostenträgern zusammenzubringen, um Innovationsprozesse
in wichtigen Forschungsfeldern zu unterstützen. Das 3. Nationale
Innovationsforum Medizin findet am 7. und 8. April 2011 zum Thema
Immunologie statt. http://www.innovationsforum-medizin.de

*ProHOSP (2009) und PARTI-study (2008), Schweiz

Originaltext: Gesundheitsstadt Berlin
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/58547
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_58547.rss2

Pressekontakt:
Dr. Franz Dormann
Gesundheitsstadt Berlin e.V.
Französische Straße 23
10117 Berlin
Fon +49 (0)30 - 7001176-12
Fax +49 (0)30 - 7001176 -11
E-Mail: dormann@gesundheitsstadt-berlin.de


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