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Börsen-Zeitung: Es ist Herbst, Börsenkommentar "Marktplatz" von Thorsten Kramer

Geschrieben am 30-10-2009

Frankfurt (ots) - Es wird ungemütlich an Europas Aktienmärkten -
ganz passend zur Jahreszeit. Denn die zurückliegenden Handelstage
haben eindrucksvoll gezeigt, dass unerwartet hohe Quartalsgewinne der
Unternehmen allein nicht mehr ausreichen, um den seit Anfang März
enorm gestiegenen Notierungen einen weiteren Impuls zu verleihen. Um
5,7% gab der Dax binnen fünf Tagen nach, damit war die nun
abgelaufene Woche die schwächste seit Mitte Februar. In anderen
vielbeachteten Indizes wie dem EuroStoxx50 sieht die Wochenstatistik
kaum besser aus.

Anleger konzentrierten sich vorrangig auf aktuelle
US-Wirtschaftsdaten, und die fielen nicht selten enttäuschend aus. So
sank das US-Verbrauchervertrauen, was bei Investoren sogleich die
Angst schürte, dass sich der für die Gesamtwirtschaft enorm
bedeutsame private Verbrauch in den USA wegen der hohen Verschuldung
und der hohen Arbeitslosigkeit anhaltend schwach entwickeln wird.
Zudem dämpften negative Meldungen zur Entwicklung der
Auftragseingänge und vom Immobilienmarkt den Optimismus.

In diesem Umfeld fielen enttäuschende Quartalsberichte wie der des
Softwarekonzerns SAP stärker ins Gewicht. Außerdem begannen Anleger
die Entwicklung der Geschäftszahlen im US-Unternehmenssektor vor dem
Hintergrund der enttäuschenden Wirtschaftsdaten stärker zu
hinterfragen. Zunächst hatte es ausgereicht, vor allem bei der
Gewinnentwicklung zu glänzen, weil - so lautete die Hoffnung am Markt
- sich die Umsatzentwicklung mit der fortschreitenden Stabilisierung
der Konjunktur in den kommenden Quartalen aufhellen werde. Nun
begannen die Investoren ganz offensichtlich, diese Hoffnung stärker
auf Plausibilität zu hinterfragen.

In den Vereinigten Staaten haben inzwischen schon mehr als die
Hälfte der im S&P500 notierten Konzerne Quartalsdaten veröffentlicht.
Annähernd neun von zehn Konzernen übertrafen dabei die
Gewinnprognosen der Analysten. Bei der Umsatzentwicklung gelang dies
jedoch nur zwei von drei Unternehmen. In Europa überwiegen auf
Umsatzseite bislang sogar die negativen Überraschungen. Sind die
Empfehlungen von Aktienexperten, an schwächeren Handelstagen für den
weiteren Kursanstieg Positionen aufzubauen, also hinfällig?
Vermutlich nicht. Die Konsolidierung der zurückliegenden Tage war
lange erwartet worden und tut dem Markt an sich zunächst einmal gut.
Zudem ist es keinesfalls außergewöhnlich, dass zu Beginn eines neuen
Zyklus die Umsatzentwicklung der Gewinnentwicklung hinterherläuft. So
gesehen ist der positive Trend - auch charttechnisch betrachtet -
immer noch intakt. Hinzu kommt, dass Anleger weltweit weiterhin auf
enorm hoher Liquidität sitzen und der Performancedruck für viele nach
wie vor groß ist. So dürfte nach wie vor sehr starkes Interesse
bestehen, sich mangels Alternativen Aktien ins Depot zu legen.

Ob dies bereits in den folgenden Tagen geschehen wird, hängt nach
den Erfahrungen der Vorwoche vor allem von den zur Bekanntgabe
anstehenden Wirtschaftsindikatoren ab. Gleich zum Wochenbeginn steht
der Einkaufsmanagerindex für die Industrie auf der Agenda, am
Mittwoch folgt der Einkaufsmanagerindex für den
Dienstleistungssektor. Der Konsens sagt beiden Indikatoren einen
leichten Anstieg im Vergleich zum Vormonat voraus. Bei einem
unerwarteten Rückgang drohen die Notierungen an den Börsen indes
weiter abzurutschen.

Die wahrscheinlich wichtigste Wirtschaftsstatistik steht
allerdings erst am Freitag zur Veröffentlichung an: der
Arbeitsmarktbericht. Fällt er positiv aus, dürfte das den Investoren
die Sorge über einen anhaltend schwachen Konsum zumindest ein wenig
nehmen. Umgekehrt droht den Märkten eine neue Belastungsprobe.

Sozusagen zwischendrin gehört die Aufmerksamkeit den Notenbanken
dies- und jenseits des Atlantiks. Eine Veränderung des Leitzinses
erwarten Marktteilnehmer weder von der Fed am Mittwochabend noch am
darauffolgenden Tag von der Europäischen Zentralbank oder der Bank of
England. Die begleitenden Kommentare der Notenbanken, und hier vor
allem die Aussagen zu den Aufkaufprogrammen für Wertpapiere, könnten
allerdings dafür sorgen, dass es an den Märkten ungemütlich bleibt.

(Börsen-Zeitung, 31.10.2009)

Originaltext: Börsen-Zeitung
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Telefon: 069--2732-0
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