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Börsen-Zeitung: Verpasste Chance, Kommentar von Christof Roche zu den Vorschlägen der EU-Kommission für eine Reform der Finanzaufsicht in Europa

Geschrieben am 23-09-2009

Frankfurt (ots) - Der Präsident der Europäischen Kommission, José
Manuel Barroso, hat Wort gehalten - zumindest für den Zeitplan. In
nicht einmal zwölf Monaten stampfte seine Behörde das Konzept einer
neuen Finanzaufsicht aus dem Boden, um Europas Finanzbranche
krisenfester zu machen. Das ist löblich, nur der von Barroso in
Aussicht gestellte Quantensprung ist das nicht.

Da ist zunächst die Institutsüberwachung. Auch in der neuen
Struktur bleiben die nationalen Aufseher für die Kontrolle im
Tagesgeschäft zuständig. Allein im Ausnahmefall erhält die EU-Ebene
ein Weisungsrecht in die Staaten. Das geht bei einem
Finanzbinnenmarkt, in dem die großen Institute vier Fünftel aller
Assets verwalten, an der Realität vorbei. Besser wäre gewesen, eine
klassische Zweistufenaufsicht einzurichten, in der die Großen
europäisch und die regionalen Institute national kontrolliert würden.

Aber auch in der Makroüberwachung fällt Brüssel zurück.
Sicherlich, es wird mit dem Systemrisikorat bei der Europäischen
Zentralbank (EZB) erstmals ein Gremium eingerichtet, das die
Finanzstabilität als Ganzes im Auge behält. Nur kann der Risikorat
weder Handlungsaufforderungen an nationale Aufseher erlassen, noch
hat er direkten Einblick in die Bücher der Institute. Er muss sich
auf (gefilterte) Daten verlassen, die ihm die nationale Aufsicht
überlässt. Das ist systemimmanent eine Schwächung, soll der Risikorat
doch qua Qualität seiner Analyse und Urteilskraft überzeugen, um
Stabilitätsdefizite zu beheben. Dass die EZB - mit Präsident
Jean-Claude Trichet an der Spitze - hier mit Brüssel d'accord ist und
nicht mehr Verantwortung will, ist verständlich. Trichet hat in
erster Linie den Zusammenhalt des Eurosystems im Blick und will die
EZB gezielt keinen Spannungen aussetzen, die mit einer
Weisungsbefugnis - auch über die Währungsunion hinaus - auf die
Notenbank zukämen. Ganz zu schweigen vom Interessenkonflikt, den die
EZB mit Preisstabilität und einer echten Makrokontrolle meistern
müsste.

Mit der Neuausrichtung der Aufsicht steckt die Kommission daher
das Minimum ab, das für eine Stärkung des Finanzsystems in Europa
erforderlich ist. Die Reform ist ein erster Schritt, um die
Überwachung an die Marktrealität anzupassen - mehr aber nicht. Das
ist bedauerlich, denn Europa vergibt damit leichtfertig die Chance,
über eine wirklich europäische Finanzaufsicht global die Richtung
vorzugeben.

(Börsen-Zeitung, 24.9.2009)

Originaltext: Börsen-Zeitung
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Pressekontakt:
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Redaktion
Telefon: 069--2732-0
Weitere Informationen: www.boersen-zeitung.de


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