(Registrieren)

Börsen-Zeitung: Ein Sommermärchen, Kommentar zu den Finanzmärkten von Frank Bremser

Geschrieben am 24-07-2009

Frankfurt (ots) - Es ist mal wieder die Zeit der Optimisten an den
Finanzmärkten: Eine sommerliche Kauflaune ist bei den Investoren
hierzulande und auch anderswo eingekehrt. Vom Sommerloch fehlt jede
Spur, und "Sell in May and go away" scheint in diesem Jahr auch nicht
allzu viele Anhänger gefunden zu haben. Der Dax kletterte neun Tage
in Folge, bevor er am zurückliegenden Freitag leicht nachgab. Damit
liegt er aber immer noch auf dem Niveau von Herbst 2008. Ein
ähnliches Bild zeigen viele andere Aktienindizes in und außerhalb
Deutschlands. Ein Sommermärchen?

Auch andere Märkte zeichnen ein optimistisches Bild: So tendiert
der Dollar weiterhin zur Schwäche, ein Zeichen dafür, dass die
Investoren dem Greenback, der als sicherer Hafen in Krisenzeiten
gilt, nur noch geringes Interesse entgegenbringen. Und der Goldpreis?
Hier passiert bereits seit Wochen ausnehmend wenig. Ein anderes
Edelmetall, Platin, das eine hohe industrielle Bedeutung hat,
klettert munter nach oben - zum Teil wegen der Hoffnung auf ein
Comeback der Automobilindustrie. So hat in der zurückliegenden Woche
Ford überraschend einen Gewinn für das zweite Quartal gemeldet, was
für eine höhere Nachfrage nach Katalysatoren spricht. Ein ähnliches
Bild bei den Industriemetallen: Die Preise für Kupfer und Aluminium
sind auf Neunmonatshöchsständen. Dazu steigen die Preise für Metalle,
die zur Stahlherstellung benötigt werden, wie Molybdän, deutlich. Und
die Liste lässt sich weiter fortsetzen: Der Ölpreis ist auf einem
Dreiwochenhoch.

Risikoaufschläge sinken

Als wäre das noch nicht genug, sinken derzeit auch die
Risikoaufschläge an den Credit-Märkten, der iTraxx Europe, der - grob
zusammengefasst - die Kosten der Absicherung gegen Kreditausfälle von
mit guten Ratings benoteter Unternehmen darstellt, ist bereits auf
ein Niveau von vor der Lehman-Pleite gesunken, Ähnliches gilt für den
iTraxx Crossover, der die riskanteren Unternehmen abbildet. Und zum
Schluss der gerade beendeten Handelswoche auch noch diese Nachricht:
Zum vierten Mal nacheinander hellt sich der Ifo-Konjunkturindex in
Deutschland auf und signalisiert damit Analysten zufolge eine
Konjunkturwende. Mehr noch: Es gilt als Zeichen dafür, dass es sich
bei den beiden vorherigen Verbesserungen nicht nur um eine
"Erwartungsblase" gehandelt habe. Egal ob Aktien, Währungen,
Rohstoffe oder Credits: Überall macht sich Optimismus breit. Aber wo
kommt der plötzlich her? Schaut man auf die Märkte, hat man den
Eindruck, als wäre die Krise ausgestanden und es stehe eine Epoche
nahezu unbegrenzten Wachstums bevor - ein Sommermärchen, an das die
Anleger glauben wollen.

Auffüllung der Lager

Dabei sind Zweifel immer noch mehr als angebracht. So hat sich in
Wirklichkeit der positive Trend bei den volkswirtschaftlichen
Indikatoren verlangsamt. Die erwartete V-förmige bzw. W-förmige
Erholung lässt auf sich warten. Tatsächlich war die wirtschaftliche
Belebung in den vergangenen Monaten auf die zahlreichen
Konjunkturprogramme und die Auffüllung der Lager zurückzuführen.
Zuzugestehen ist immerhin, dass das Tempo des Abschwungs nachgelassen
hat. Zwar haben sich einige Frühindikatoren gebessert, was auf eine
Erholung in sechs oder neun Monaten hindeuten könnte, aber letztlich
ist die harte Realität immer noch bitter: So fielen die
US-Beschäftigungszahlen zuletzt schlechter aus als erwartet, im Juli
brach in den USA das Verbrauchervertrauen überraschend ein.
Gefährlich, denn immer noch hängt die Weltwirtschaft am
US-Konsumenten, der derzeit auch noch munter seine Sparquote in die
Höhe fährt. Es ist außerdem immer noch fraglich, wie nachhaltig die
Erholung bei den Unternehmen wirklich ist und wie die Banken mit der
Kreditvergabe und ihrem eigenen Schuldenberg umgehen.
In der neuen Woche müssen nun die europäischen Unternehmen zeigen,
ob sie sich wie ihre amerikanischen Konkurrenten besser geschlagen
haben als erwartet. Und dann müssen bald auch harte Konjunkturdaten
und nicht nur Stimmungsindikatoren beweisen, ob es sich um eine echte
Wirtschaftserholung handelt. Angesichts der aktuellen Marktstimmung
muss aber gewarnt werden, dass ein Sommermärchen häufig wirklich nur
ein Märchen ist.

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Weitere Informationen: www.boersen-zeitung.de
Telefon: 069--2732-0


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

215923

weitere Artikel:
  • Servicestudie Modehäuser / Schlechte Noten für die Beratung, gute für die Angebotsvielfalt - P&C West liegt im Test vorn Hamburg (ots) - Der deutsche Textileinzelhandel hat seit über einem Jahrzehnt mit stetig sinkenden Umsätzen zu kämpfen. Zudem stellt die Wirtschaftskrise viele Unternehmen vor eine erneute Herausforderung. Wichtiger Wettbewerbsfaktor ist in dieser Situation ein guter Kundenservice. Allerdings können sich Sparmaßnahmen auch negativ auf die Qualität der Beratung oder eine zügige Bedienung an der Kasse auswirken. Das Deutsche Institut für Service-Qualität hat untersucht, wie gut es um den Service in den großen deutschen Modehäusern derzeit mehr...

  • Globale Roland Berger Studie zu Restrukturierung: Tiefpunkt der Wirtschaftskrise liegt noch vor uns, Kreditverknappung verstärkt Finanzierungsprobleme München (ots) - - Umfrage unter fast 400 Unternehmen aus zwölf Branchen weltweit - USA und Asien rechnen mit einer Erholung der Wirtschaft bereits Ende 2009 - alle andere Regionen frühestens Mitte 2010 - Langsamste Erholung bei Finanzdienstleistern, Automobilindustrie und Maschinen-Anlagenbau erwartet, schnellste bei Pharmabranche und im Gesundheitswesen - Rund die Hälfte der Unternehmen hat Schwierigkeiten, neue Kredite zu erhalten - Viele Unternehmen haben die Personalkosten bereits um mehr als zehn Prozent reduziert - in Westeuropa mehr...

  • Der Tagesspiegel: Maschinenbaupräsident Manfred Wittenstein: Wir sind keine Krisenbranche Berlin (ots) - Trotz Auftragseinbrüchen um die 50 Prozent gibt sich der deutsche Maschinenbau optimistisch: "Wir sind keine Krisenbranche", sagte Manfred Wittenstein, Präsident des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) dem "Tagesspiegel" (Montagausgabe). Mittelfristig werde die Schlüsselbranche mit rund 950.000 Beschäftigten "auf den Weltmärkten insgesamt an die alten Erfolge anknüpfen können, denn vom Grundsatz her ist unsere Branche hervorragend aufgestellt, wir haben keine Defizite im internationalen Wettbewerb." Die mehr...

  • Weser-Kurier: IG-BCE-Chef Hubertus Schmoldt: Entlassungen sind unnötig Bremen (ots) - Hannover/Bremen. Der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Industrie, Energie (IG BCE), Hubertus Schmoldt, hat die deutsche Wirtschaft eindringlich vor Entlassungen nach der Bundestagswahl gewarnt. Das berichtet der Weser-Kurier (Bremen) in seiner Montagsausgabe. "Kein Chef kann schlüssig erklären, warum er das Mittel der Kurzarbeit nicht weiter nutzt,sondern Leute entlässt", sagte Schmoldt. "Die Kurzarbeit verursacht den Unternehmen nur marginale Kosten. Verantwortlich handeln heißt deshalb, die Kurzarbeit weiter mehr...

  • WAZ: Schickedanz-Stiftung im Zwielicht - Das Vertrauen ist weg. Kommentar von Ulf Meinke Essen (ots) - Wieder fällt ein Schatten auf den Namen Schickedanz. Diesmal geht es nicht um Karstadt, Quelle oder Arcandor, sondern ausgerechnet um die Kinderkrebs-Stiftung von Madeleine Schickedanz. Der böse Verdacht, von den Spendengeldern komme zu wenig bei den Kindern an, ist mehr als unangenehm für die verarmte Milliardärin, die verzweifelt um ihren guten Ruf kämpft. Die Quelle-Erbin hat viel verloren in den vergangenen Wochen und Monaten. Häme musste sie ertragen, nachdem sie gesagt hatte, sie lebe derzeit von 600 Euro im Monat und mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht