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Julie Christie: "Truffaut wollte Macht über meinen Körper"

Geschrieben am 04-06-2009

München (ots) -

- Querverweis: Bildmaterial wird über obs versandt und ist
abrufbar unter http://www.presseportal.de/galerie.htx?type=obs -

Eine Münchner Sommernacht, es ist Filmfest, und die
"Independentparty" im Innenhof des Filmmuseums erreicht ihren
Höhepunkt. In einem abgetrennten Bereich stehen ein paar Tische für
die Stargäste. Einer von ihnen ist für Oscarpreisträgerin Julie
Christie reserviert, eine Ikone des "Swinging London" der Sechziger.
Heute lebt sie zurückgezogen in England und gibt so gut wie keine
Interviews. Doch dann tritt, wie ein gütiger Luftgeist, ein
Filmfest-Mitarbeiter auf uns zu. Er weiß um unseren Wunsch, mit
Christie zu sprechen. "Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt." Christie ist
gut gelaunt und neugierig auf ihren Gesprächspartner. Sie will vieles
wissen: über München, über die Berliner Filmszene, über deutsche
Medien. Ihr Ehemann ist selber Journalist. Während sie hartnäckig
nachfragt und sehr offen zuhört, trinkt sie Weißwein und raucht eine
Zigarette nach der anderen. So kam es, wein- und rauchgeschwängert,
zum folgenden Gespräch.

Tele 5 zeigt am 7. Juni um 09.30 Uhr in der Meisterwerke Matinée
Truffauts 'Fahrenheit 451' mit Julie Christie.

Tele 5: Sie schienen schon immer Ihren eigenen Kopf zu haben. Aber
heute wirken Sie richtig unabhängig. Sie machen nur noch ganz wenige
Filme, engagieren sich dafür politisch und in Tierschutzfragen. Wo
sehen Sie sich?

Julie Christie: Ich weiß nicht, wie unabhängig ich bin. Ich werde
nur als unabhängig wahrgenommen, im Vergleich zu früher. Das Leben
ändert sich.

Was haben Sie für Erinnerungen an den Dreh von 'Fahrenheit '451'?

Nur zum Teil gute. Truffaut war nett, aber auch wahnsinnig
autoritär. Alles musste so passieren, wie er es wollte, ohne
Kompromisse. Aber da ist er bei mir an Grenzen gestoßen. Stellen Sie
sich vor: Er wollte meine Haare scheren. Komplett. Mein Leben lang
habe ich lange Haare, und das war für mich eine Grenze, die zu
überschreiten er kein Recht hatte. Vielleicht war es auch nur so ein
psychologisches Männerding: dass er auf diese Art Macht über meinen
Körper wollte. Dazu hatte er aber kein Recht. Das habe ich instinktiv
gefühlt, obwohl ich unerfahren war und die Zusammenhänge erst viel
später besser durchschaut habe. Jedenfalls blieben meine Haare dran
und wir haben das dann mit Perücken gemacht. Auch mit Oskar Werner
war es schwierig, jedenfalls persönlich. Ich erinnere mich, dass ich
ihn wahnsinnig ernst fand und er war nicht sehr gesellig, er hat kaum
gesprochen. Er sprach eigentlich nur mit Truffaut.

Sie haben auch in Hollywood gedreht, aber eigentlich nie lange.
Warum?

Weil ich Angst hatte. Und nicht viel Selbstvertrauen. Selbst in
den sechziger Jahren, als ich sehr berühmt wurde. Ich habe diesen Ort
und seine Mechanik, seine eigenen physikalischen Gesetze nie wirklich
verstanden. Hollywood ist wie der Mars. Wenn man dort hinkommt, muss
man selber so tun, als sei man ein Marsmensch. Andererseits gibt es
dieses richtige Hollywood heute gar nicht mehr. Die Presse erfindet
Hollywood. Ich finde diese ganze Marketing-Arbeit stressig. Hollywood
ist im Prinzip eine Wegwerf-Gesellschaft, in der die Boulevard-Presse
und die Marketing-Maschinerie regieren.

Heute leben Sie vor allem ihr privates Leben?

Ja. Es gab eine Zeit, da habe ich viel Geld verdient, aber das ist
mir zwischen den Fingern zerronnen. Ich bedaure das auch gar nicht.
Ich bin nicht sehr materialistisch. Ab und zu arbeite ich, nicht
zuletzt weil ich Ausgaben habe und das Geld gebrauchen kann. Aber ich
bin keine geborene oder sehr begeisterte Schauspielerin. Davon
abgesehen finde ich, jeder sollte sein eigenes Essen kochen können,
sollte seine Nachbarn kennen. Das ist jetzt mein Leben. Ich kümmere
mich um die Nachbarskinder, um meinen Mann, um den Garten. Mich
interessiert eigentlich nur, dass die Pflanzen wachsen.

Also keine Rückkehr zum Kino?

Nein, nur gelegentlich. Und dann eher zum europäischen Film. Ich
bin eine Europäerin und verstehe die europäische Sensibilität oder
Amerikaner, die stark von Europa beeinflusst sind, weitaus besser.

Interview: Rüdiger Suchsland

Textrechte: ©Presse Tele 5, Verwertung (auch auszugsweise)
honorarfrei nur bei aktuellem Programmhinweis auf Tele 5 und bei
Nennung der Quelle.

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Originaltext: Tele 5
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/43455
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_43455.rss2

Pressekontakt:
Tele 5 Pressekontakt: Michaela Simon
Tel. 089-649568-175, -176, Fax. -119, E-Mail: presse@tele5.de


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