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Altersblindheit: Patienten wird das Recht auf eine qualitätsgesicherte Therapie vorenthalten

Geschrieben am 21-04-2009

Berlin (ots) - Streit zwischen den Spitzenverbänden von
Krankenkassen und Ärzten verhindert, dass von Erblindung bedrohte
Patienten einen geregelten Zugang zur qualitätsgesicherten Therapie
erhalten. Diese sollte zum 1. April 2009 endlich in das
Leistungsverzeichnis der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen
werden. Doch wieder einmal wurde die Entscheidung vertagt. Daher
herrscht Chaos in der Versorgung der Patienten.

Die Selbsthilfeorganisationen PRO RETINA Deutschland e.V. und
Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. (DBSV) reagieren
nicht nur mit Unverständnis, sondern auch mit konkreter Hilfe für die
Betroffenen: Unter www.dbsv.org/makula wurden jetzt aktuelle Tipps
zusammengestellt, die Augenlicht retten können.

Pro Woche erhalten schätzungsweise 1000 Menschen in Deutschland
die Diagnose, dass ihnen Erblindung droht: Der Arzt teilt ihnen mit,
dass sie an der feuchten Form der Altersabhängigen
Makula-Degeneration (AMD) leiden, einer Augenkrankheit, die zum
Sehverlust führt, wenn sie nicht baldmöglichst im Frühstadium
behandelt wird.

Seit drei Jahren steht eine solche Therapie zur Verfügung. Der
Augenarzt spritzt wiederholt ein Medikament in den Augapfel, das den
Sehverlust stoppen und die Sehfähigkeit sogar wieder verbessern kann.
Doch für gesetzlich versicherte Patienten gibt es noch immer keinen
geregelten Zugang zu dieser Therapie. "Nicht die medizinische
Notwendigkeit entscheidet darüber, ob und wie die Patienten behandelt
werden, sondern ihr Wohnort, ihre jeweilige Kassenzugehörigkeit und
vor allem ihre Kraft und Fähigkeit, sich mit bürokratischen
Hemmnissen und komplizierten Regelungen zu befassen", kritisiert
Gretel Schmitz-Moormann, AMD-Patientensprecherin von PRO RETINA
Deutschland e.V. "Ein klarer Fall von Systemversagen", findet
DBSV-Präsidentin Renate Reymann. "Die Auseinandersetzung zwischen
Krankenkassen, Ärzten und Pharmaindustrie über Arzneimittelpreise und
Arzthonorare wird auf dem Rücken der Patienten ausgetragen."
(Hintergrund-Infos zum Konflikt um die AMD-Therapie unter
www.dbsv.org/makula )

Vom 1. April 2009 an sollte nun die ärztliche Behandlung der
feuchten AMD in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen
aufgenommen werden. Damit hätten nicht nur privat, sondern auch
gesetzlich versicherte Patienten Anspruch auf die Behandlung - ein
erster wichtiger Schritt. Doch die Auseinandersetzungen zwischen den
Spitzenverbänden von Ärzten und Krankenkassen sorgten dafür, dass die
Entscheidung wieder einmal vertagt wurde.

Zahlreiche Krankenkassen haben inzwischen mit Ärzten spezielle
Vereinbarungen abgeschlossen. Auch diese gehen zu Lasten der
Patienten. Die Vereinbarungen gelten nur für einen Teil der
Versicherten und sind außerdem unterschiedlich. Meistens können die
Ärzte aufgrund der Vergütung - die Kosten für das Medikament sind im
Honorar enthalten - ausschließlich das billigere Medikament Avastin
einsetzen. Dieses ist für die Therapie der AMD jedoch nicht
zugelassen ("off label"), und sollte daher nach Meinung von Experten
nur im Rahmen klinischer Studien eingesetzt werden. Die Kassen
beschneiden darüber hinaus das Recht ihrer Versicherten auf freie
Arztwahl: Mit dem Hinweis auf solche Vereinbarungen werden die
Patienten zu bestimmten Ärzten geschickt.

Keine einzige Institution - weder Aufsichtsbehörden noch die
Gesundheitsministerien von Bund und Ländern oder Ärzteverbände - hat
einen Überblick über die Vereinbarungen, deren Inhalte und vor allem
über die erforderlichen Maßnahmen zur Qualitätssicherung bei der
Behandlung. Dies ergaben Recherchen von PRO RETINA Deutschland e.V.
und DBSV. Es herrscht Intransparenz.

Die älteren und sehbehinderten Betroffenen haben daher keine
Möglichkeit, sich einen Überblick zu verschaffen. Dies ist -
angesichts des enormen Zeitdrucks zur Einleitung der Behandlung nach
Diagnosestellung - auch unmöglich. Selbst wenn
Patientenorganisationen wie PRO RETINA Deutschland e.V. und DBSV hier
Transparenz herstellen wollen, um ihre Mitglieder zu informieren,
wird dieses vereitelt: Die Bitten der Organisationen, derartige
Vereinbarungen einzusehen, werden in der Regel aus juristischen
Gründen abgelehnt.

Diese Situation ist aus Sicht von PRO RETINA Deutschland e.V. und
DBSV nicht länger hinnehmbar. "Wir fordern von allen Beteiligten -
von Krankenkassen, Ärzten und Pharmaindustrie - intensive Bemühungen,
einen tragfähigen Kompromiss zu finden, der den Patienten einen
unbürokratischen Zugang zur qualitätsgesicherten Therapie
ermöglicht", erklären Gretel Schmitz-Moormann und Renate Reymann. So
habe beispielsweise der AOK-Bundesverband mit dem Hersteller eines
der beiden zugelassenen Medikamente einen Rahmenvertrag
abgeschlossen, der die Kostenübernahme regelt und eine
Ausgabenobergrenze vorsieht. "Allerdings sind bislang nur vier
AOK-Landesverbände diesem Rahmenvertrag beigetreten", kritisiert
Schmitz-Moormann, "und auch im Streit über das Arzthonorar muss ein
Kompromiss gefunden werden."

Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. (DBSV) ist
mit seinen rund 40.000 Mitgliedern die viertgrößte
Selbsthilfeorganisation Deutschlands. Bundesweit werden in ca. 250
Beratungsstellen umfangreiche Serviceleistungen erbracht. Eines der
vordringlichsten Verbandsziele ist es, die Lebenssituation der
Augenpatienten in Deutschland ganzheitlich und nachhaltig zu
verbessern.

Die PRO RETINA Deutschland e.V. - Selbsthilfevereinigung von
Menschen mit Netzhautdegenerationen - wurde 1977 von Betroffenen und
deren Angehörigen als gemeinnütziger Verein gegründet, um sich selbst
zu helfen. Es ist eine bundesweit tätige Organisation mit derzeit 64
Regionalgruppen und mehr als 6.000 Mitgliedern. Pro Retina e.V.
bietet Informationen und Beratung und versteht sich als
Interessenvertretung der Patientinnen und Patienten in der
Öffentlichkeit. Um einen Beitrag zur Entwicklung wirksamer Therapien
zu leisten, engagiert sich Pro Retina auch in der
Forschungsförderung.

Originaltext: Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband DBSV
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/63782
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_63782.rss2

Pressekontakt:
Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. (DBSV)
Volker Lenk, Pressesprecher
Tel.: (030) 28 53 87-140
E-Mail: v.lenk@dbsv.org


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