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Deutsche Marine - Bilder der Woche: Deutscher Austauschoffizier im Ewigen Eis

Geschrieben am 12-02-2009

Glücksburg (ots) -

- Querverweis: Bildmaterial ist abrufbar unter
http://www.presseportal.de/galerie.htx?type=obs -

Trotz Sommerzeit auf der südlichen Halbkugel stampfte der
Eisbrecher "Antarctic Patrol Almirante Oscar Viel" der chilenischen
Marine von Punta Arenas kommend durch die Drake-Straßen-Dünung in
Richtung Antarktis. Das Deck war wie leergefegt. Mit an Bord:
Oberleutnant zur See Steffen-Hinrich Boie. Anfang 2008 nahm er als
Austauschoffizier auf Einladung der chilenischen Marine an einer
sechswöchigen Fahrt des Eisbrechers in die Antarktis teil.
"Dieser Austausch hat meinen Horizont erweitert. Ich konnte erleben,
wie die Kameraden anderer Nationen Probleme unterschiedlich anpacken
und trotzdem zum Ziel kommen", zieht der heute 29-jährige
Kapitänleutnant beeindruckt ein Fazit und berichtet von seiner
außergewöhnlichen Seefahrt.

Mit dem Eisbrecher in die Antarktis

Die Aufgabe des chilenischen Marine-Schiffes war es,
Versorgungsgüter und internationale Wissenschaftler zu verschiedenen
Forschungsstationen zu bringen oder sie mit zurück zu nehmen und
ebenfalls den dort angefallenen Müll aus der Antarktis
abzutransportieren. An Bord trafen etwa 100 Menschen der
unterschiedlichsten Nationen, wie Chilenen, Belgier, Ukrainer,
Argentinier oder Peruaner aufeinander. Nicht nur die
unterschiedlichsten Sprachen und Sprachvermögen prägten den Alltag,
sondern auch die verschiedensten Interessen. So wurden viele
anregende Gespräche geführt und Adressen ausgetauscht. "Mit einigen
der Kameraden habe ich bis heute per E-Mail Kontakt." Über
Deutschland wurde der Austauschoffizier auch immer wieder ausgefragt.
"Chico Soto" (ein chilenischer Allerweltsname) war sein Spitzname an
Bord.

Schiff inmitten von Naturgewalten

In den eisigen Gewässern bedeutete eine Gewitterfront peitschenden
Schneeregen gegen die Steuerbord-Seitenwand, so dass es nicht lange
dauerte, bis die Brückenfenster teilweise zugeeist waren. Der Wind
schraubte sich in Spitzen auf sagenhafte 70 Knoten. Vom
Schnellbootfahren war Boie es gewohnt, bei starkem Seegang
durchgeschüttelt zu werden. "Es war trotzdem schwer, bei diesem Kurs
nachts ein Auge zuzumachen, auch wenn ich nicht seekrank wurde." Zu
regelmäßigem Schlaf kam der damalige Oberleutnant in den Wochen an
Bord des Eisbrechers ähnlich wenig, wie auf seinem Schnellboot: "Ich
war zur Wache rund um die Uhr eingeteilt, jeweils zwei Mal vier
Stunden innerhalb eines Tages und einer Nacht." Und so lebte er am
besten nach dem alten Marineprinzip: "Esse und schlafe, wenn die Zeit
es dir erlaubt." Dafür entschädigten ihn unvergessliche
Naturerlebnisse in der Eislandschaft.
Bei der so genannten "Schweine-Wache" von 00 bis 04 Uhr hatte der
Offizier über 14.000 Kilometer von zu Hause entfernt seine erste
Begegnung mit der Antarktischen Felsenlandschaft. Isla Smith und ihr
Charakteristikum, der 2.012 Meter hohe Mount Foster, waren komplett
mit Schnee und Eis bedeckt. Die chilenischen Kameraden wiesen ihn auf
den ersten Eisberg hin. Ein überwältigender Anblick, da es in der
Antarktis nachts nicht wirklich dunkel wird. Die Eisberge waren hier
wieder ganz anders strukturiert und so groß wie Flugzeugträger. Eine
weitere Gelegenheit zum Fotografieren dieser ergreifenden Landschaft
inmitten des anderen Endes der Welt hatte Boie durch einen Flug mit
einem der beiden an Bord vorhandenen Helikopter. Pilot Romano nahm
ihn mit auf seiner Tour über Estrecho de Gerlache in Richtung Isla
Livingston. Einen Tag später entdeckte er durch das Fernglas eine
Luft-Wasser-Blase. Bei näherer Betrachtung handelte es sich
tatsächlich um zwei Wale. Diese scheuen Riesen befanden sich querab
vom Schiff.

Betreten der Antarktis

Fünf Tage nach dem Auslaufen von Chile setzte er hier auch seinen
ersten Schritt auf den Boden der Antarktis im orangefarbenen
Ganzkörperanzug, der als Kälteschutz für Landgänge vorgeschrieben
war. Pinguine und Wale konnte er hautnah beobachten und diese
Augenblicke in der Eiswüste genießen. Heiße Wasserbäder "agua mui
caliente" im Freien waren möglich. Bei einem Grad Außentemperatur
lagen die Seefahrer in kurzen Hosen in gebuddelten Löchern im Nassen.
Aufgrund des heißen Untergrundes erhitzte sich das darin befindliche
Grundwasser derart, dass der gesamte Abschnitt wild vor sich
hindampfte. Wie Robben buddelten sie sich in das nach Sulfat
riechende und bräunlich aussehende Wasser ein. Um dem niedrigen
Wasserstand zu trotzen, war regelmäßiges Wenden vonnöten. Dann konnte
sich ein angenehmes Gefühl, begleitet durch einen Panoramablick auf
schneebedeckte Berge, einstellen. "Mui, mui bien." Nicht nur das
Meerwasser war mit einem Grad eiskalt, sondern auch die Luft. Als das
Typhon ertönte, das die bevorstehende Abfahrt des Eisbrechers
signalisierte, mussten die Badegäste mit nassen Badehosen wieder in
ihre Klamotten springen.

Andere kulturelle Rituale

Bald darauf machte die Nachricht die Runde, dass ein
Besatzungsmitglied, und zwar der beliebte 38-jährige Frisör,
ernsthaft gestürzt sei und ohne Bewusstsein bei der Bord-Ärztin läge.
Er wurde mit dem Helikopter nach Fildes ausgeflogen, um von dort per
Flugzeug nach Punta Arenas gebracht zu werden. Leider erlag er seinen
Verletzungen. Auf der Brücke wurde für den verstorbenen Kameraden
eine Messe vom an Bord befindlichen Priester gelesen, an der
Passagiere und Wissenschaftler gleichermaßen teilnahmen. Der deutsche
Austauschoffizier empfand es als anrührend, dass sich die
unterschiedlichsten Menschen ad hoc zusammen fanden, um in Gebeten
und Gesängen des Toten zu gedenken und in einer emotionalen vom
Glauben geprägten Gemeinschaft Halt zu erlangen. Zudem war es für
Boie hochinteressant, wie ein solches Ritual mit abschließendem
Abendmahl in einem anderen Land praktiziert wird.

Kulinarische Höhepunkte

Am 29. Januar hatte der belgische Zimmerkollege Freddy Geburtstag.
Die Küche lieferte einen mit Schokoraspeln bestreuten
Geburtstagskuchen "brazo de reina" (Arm der Königin) und es wurde mit
"Mango sour" angestoßen. Leckere Snacks wie Sandwiches mit Thunfisch,
Zwiebeln und Mayonnaise, Panadas und Ei-Häppchen bekam die Besatzung
öfter, auch während der Nachtwachen. Der Essensplan hatte einen
bestimmten Rhythmus und wiederholte sich ständig. Fladenbrot mit
Marillenmarmelade am Morgen in der Offiziermesse oder Nudeln mit
Sauce Bolognese gehörten dabei zu Boies Favoriten, im Gegensatz zur
Fischsuppe.

Rückkehr nach Deutschland

Bei Schneefall und Nebel ging es schließlich auf den ruppigen
Rücktransit an die Südspitze Chiles. "In Punta Arenas angekommen
konnte ich in der Navy-school übernachten und ein chilenisches
Schnellboot besichtigen." In der chilenischen Hauptstadt Santiago de
Chile betrat er das Flugzeug zum 19-stündigen Flug nach Hamburg.
Damit endete für den Austauschoffizier eine interessante und
außergewöhnliche Zeit, die er wohl nie vergessen wird.

Das Austauschprogramm

"Ich wollte Schnellbootfahrer werden seit ich ein kleiner Junge
war. Damals sah ich meinen großen Bruder mit dem Mikro in der Nock,
wie er Fahrbefehle gab. Seitdem wollte ich auch zur Marine", erzählt
der gebürtige Kaiserslauterer.
Als IIWO auf dem Schnellboot "Zobel" war Boie im Jahr 2007 zwei Mal
im Libanon-Einsatz gewesen. Dort wurde der damalige Oberleutnant zur
See von seinem Kommandeur für das Personal Exchange Program (PEP)
vorgeschlagen. Dieses Austauschprogramm ermöglicht es jungen
Offizieren, Einblicke in die Marinen anderer Nationen zu erhalten.
Heute ist der an der Bundeswehrhochschule in Hamburg ausgebildete
Diplom-Kaufmann promovierender Kapitänleutnant und IWO auf dem
Schnellboot "Puma", stationiert in Rostock.
"Wir wollen die Beziehungen mit Marinen anderer Nationen durch den
gegenseitigen Austausch pflegen und voneinander lernen. Die Deutsche
Marine hat einige ihrer alten Schnellboote der Klasse 148 an Chile
verkauft und so bestehen schon gute Kontakte", erklärt Boie.
Mit der Marine hat er die Welt bereist. Seine Entscheidung,
Marineoffizier zu werden, hat er nie bereut. "Trotz aller
Entbehrungen an Bord wie Platz- oder Schlafmangel ist es immer ein
Gefühl der Zufriedenheit, wieder in den Hafen einzulaufen."

Autor/ Fotos: Steffen-Hinrich Boie, Deutsche Marine

Weitere Informationen rund um die Marineeinsätze und das oben
genannte Thema finden Sie in unserem Internetportal www.marine.de.

Originaltext: Presse- und Informationszentrum Marine
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/67428
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_67428.rss2

Pressekontakt:
Presse- und Informationszentrum Marine
Oberleutnant zur See Katja Messinger
Presseoffizier
Telefon: 0 46 31 - 6 66 - 44 41 / 44 00
E-Mail: piz@marine.de
Fotoredaktion Marine: 0 46 31 - 6 66 - 44 32


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