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Berliner Morgenpost: Lieber weniger Steuern als mehr Rettungsschirme - Kommentar

Geschrieben am 20-11-2008

Berlin (ots) - "Das ist wie Krebs." So erklärt Berlins
Finanzsenator Thilo Sarrazin in seiner unnachahmlich direkten Art die
derzeitige wirtschaftliche Lage. Und wenn die Existenz auf dem Spiel
steht, dann helfen keine Salbeipastillen oder Kopfwehtabletten,
sondern nur radikale Maßnahmen. Alles, was bislang an Regelwerk für
einen halbwegs gesunden Haushalt galt, ist über Bord zu werfen, in
vollem Bewusstsein, dass die Kollateralschäden immens sein werden.
"Das ist wie Chemotherapie", sagt Sarrazin. Die Nebenwirkungen sind
immens, gleichwohl zu ertragen, wenn es ums Überleben geht. In
unglaublichem Tempo ist die globale Ökonomie in die Depression
gerauscht. Geht es der Weltwirtschaft wirklich so dreckig wie es
derzeit scheint - und nichts spricht dagegen - dann sind weder das
20-Milliarden-Konjunkturpaket der Bundesregierung noch das
130-Milliarden-Bündel der Europäer die adäquate Antwort. Auch der
Rettungsschirm der Kanzlerin wird bald löchrig, wenn alle Branchen
darunter drängen. Erst waren es Banken und Versicherungen, dann die
Autobauer, nun kommen Chemie und Medienunternehmen. Man muss kein
Hellseher sein, um zu ahnen, dass als nächstes der Maschinenbau
krankt und schließlich der Handel. Es erwischt am Ende alle - außer
die Baumärkte. Denn in der Krise repariert und renoviert Vati wieder
selbst.
Mit Staatsgarantien allein ist eine zu Tal schießende Ökonomie nicht
zu bremsen. Aber was hilft wirklich? Ganz einfach: das Geld der
Konsumenten in Umlauf bringen. Die Kfz-Steuer-Befreiung in einer
Größenordnung von drei, vier Tankfüllungen ist lachhaft. Wer
ausgerechnet in diesen Tagen zum Autokauf motiviert werden soll,
braucht Steuererleichterungen in vierstelliger Höhe. Der Staat hat
durchaus die Chance, den Abschwung abzumildern. Das Rezept: Steuern
radikal nach unten und die Zinsen gleich mit, damit es keinen Grund
zum Angstsparen gibt. Trotz der durchaus begründeten Controller-Logik
der Kassenwarte ist es höchste Zeit, die öffentlichen Investitionen
nach oben zu fahren, zugleich aber die Genehmigungsverfahren zu
verkürzen: Es gibt genügend Straßen, Schulen, Bahnen, die einer
sofortigen Renovierung bedürfen. Und es war ganz maßgeblich der
Rückgang der Arbeitslosigkeit, der den öffentlichen Haushalten wieder
mehr Spielräume gegeben hat. Diesen Erfolg kann man mit Geiz sehr
schnell wieder verspielen.
Ausgerechnet der als Sparsenator berüchtigte Sarrazin empfiehlt, den
Konsum mit jährlich 25 statt 5 Milliarden anzuheizen. Die
"Thilosophie" lautet: Wer arbeitet, wer baut, wer kauft, der verfällt
nicht so leicht in Depression und schafft Werte, die die eingesetzten
Mittel zumindest halbwegs wieder aufwiegen. Wer dagegen in der
Schockstarre verharrt, der spart sich womöglich in Grund und Boden.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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