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"Die ersten Schritte sind gemacht, und der Weg ist vorgezeichnet" / 70. Aachener Hospizgespräch beleuchtet Umsetzung der Palliativversorgung

Geschrieben am 17-11-2008

Aachen (ots) -

- Querverweis: Bildmaterial wird über obs versandt und ist
abrufbar unter http://www.presseportal.de/galerie.htx?type=obs -

In die bundesdeutsche Palliativversorgung kommt Bewegung - so der
einhellige Tenor des 70. Aachener Hospizgesprächs, das am Samstag
unter großer Beteiligung in den Räumen der Grünenthal GmbH in Aachen
durchgeführt wurde. Fast 450 internationale Teilnehmer aus allen
Bereichen der Palliativversorgung waren in Aachen zusammengekommen,
um erste Umsetzungsergebnisse der seit 2007 geltenden Gesetzgebung zu
diskutieren. Danach hat jeder Bürger im Bedarfsfall Anspruch auf eine
spezialisierte ambulante palliativmedizinische Betreuung.

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt betonte im Rahmen der
Podiumsdiskussion am Vormittag die Bedeutung solcher regelmäßigen
Dialogveranstaltungen: "Der Erfolg der palliativmedizinischen
Versorgung und unserer neuen gesetzlichen Möglichkeiten hängt von der
Vernetzung ab", so Schmidt. Dabei schrieb die Gesundheitsministerin
den Anwesenden Standes- und Verbandsvertretern auch strenge Worte ins
Stammbuch: "Wenn wir nur zehn Prozent der Energie, die wir für die
Betonung von Schwierigkeiten aufbringen, stattdessen im Sinne der
palliativen Vernetzung verwenden würden, wären wir auf dem Weg, den
wir mit den gesetzgeberischen Möglichkeiten eingeschlagen haben,
schon ein gutes Stück weiter." In diesem Zusammenhang richtete Ulla
Schmidt auch einen Appell an die Kassen, gerade im Bereich der
Palliativversorgung nicht Sparmaßnahmen an der falschen Stelle zu
ergreifen.

Prof. Raymond Voltz, stellvertretender Vorsitzender der Deutschen
Gesellschaft für Palliativmedizin, betonte, dass die Versorgung
längst noch nicht den Standard erreicht habe, der nötig und auch
umsetzbar sei. Gerade im Vergleich zu anderen Ländern sei Deutschland
in der Palliativversorgung noch unterdurchschnittlich. Voltz forderte
in diesem Zusammenhang eine Intensivierung der Forschungsarbeit im
Bereich der Palliativmedizin. Darüber hinaus sei es dringend
notwendig, Palliativmedizin im Rahmen der medizinischen Lehrpläne und
der Approbationsordnung zu verankern. "Wir sind in den letzten Jahren
sehr weit gekommen, aber es gibt mindestens noch genau so viel zu
tun", so Voltz.

Dr. Birgit Weihrauch, Vorsitzende des Deutschen Hospiz- und
PalliativVerbandes, bestätigte ihren Vorredner: "Die Pionierphase ist
abgeschlossen. Wir stehen jetzt vor der großen Chance, zu einem
flächendeckenden, qualitätsgesicherten Versorgungsnetzwerk zu
kom-men." Solch ein Netzwerk dürfe aber nicht ausschließlich
medizinische und pflegerische Aspekte berücksichtigen. "Die
Versorgung sterbender Menschen muss immer ganzheitlich gedacht
werden", so Weihrauch, "Hospizarbeit schließt immer auch
psychosoziale und spirituelle Aspekte ein. Ausdrücklich warnte Birgit
Weihrauch daher davor, hospizliche Aspekte von den
palliativmedizinischen zu trennen. "Hospizarbeit - auch die
ehrenamtliche Hospizarbeit - und Palliativmedizin müssen integrativ
arbeiten, wenn wir zu Netzwerken kommen wollen, die sich an den
Bedürfnissen der sterbenden Menschen orientieren".

Für Veronika Schönhofer-Nellessen, Leiterin der Service- und
Netzwerkstelle Hospiz und Kreis in Aachen, ist gerade die Umsetzung
der Palliativverordnung bei gleichzeitiger Bewahrung bereits
bestehender, bewährter Strukturen eine Frage der klugen und neutralen
Moderation: "Wir müssen sehr darauf achten, dass wir die vielen
Menschen, die in diesem Bereich bereits Gutes tun, bei der
Professionalisierung der Strukturen mitnehmen," so
Schönhofer-Nellessen. Wichtig sei dabei die deutliche Klärung der
Rollen und Erwartungen aller Beteiligten. Dies werde nicht ohne
neutrale, sachkundige Moderation möglich sein, betont die
Netzwerkspezialistin, da sich hinter diesen scheinbar einfachen
Ansätzen schwierige Prozesse verbergen: "Wir müssen zunächst
erfassen, welche Strukturen es eigentlich gibt, um dann diese ganz
unterschiedlichen Ansätze zu gemeinsamen Organisationsformen mit
vergleichbaren qualitativen Standards zusammenzuführen."

Dass dabei die spirituellen Aspekte nicht unter den Tisch fallen
dürfen, betonte Dr. Andreas Wittrahm vom Caritasverband Aachen: "Je
mehr wir von Spiritualität am Lebensende sprechen, umso stärker ist
offensichtlich das erlebte Defizit in einer technisch ausgefeilten
medizinischen Versorgungswelt," beobachtet Wittrahm. Gerade bei einer
weiteren Professionalisierung der Palliativversorgung dürfe daher
nicht der Fehler gemacht werden, die spirituelle Suche des Sterbenden
und seiner Angehörigen wie auch der Mitarbeiter beim Aufbau neuer
Strukturen zu vernachlässigen. "Spiritualität erweitert die
Möglichkeiten im Ringen um ein gutes Sterben. Sie ist deswegen kein
nettes 'Add-on', sondern integraler Bestandteil ei-ner ganzheitlich
gedachten Palliativversorgung", betont Wittrahm.

Von ganz anderen Problemen bei der Begleitung Sterbender,
berichtete Schwester Monika Düllmann vom Französischen St. Louis
Krankenhaus in Jerusalem. Ende der 70er Jahre wurde im St. Louis
Hospital das vermutlich erste Zentrum für Palliativmedizin in Israel
gegründet. Patienten und Mitarbeiter sind jüdische Israelis,
christliche und muslimische Araber und Europäer. "Unser Haus markiert
ja nicht nur die Grenze zwischen Leben und Tod, sondern wir befinden
uns tatsächlich direkt an der Grenze zwischen mehreren sich bis zum
Tode bekämpfenden Kulturen und Völkern. Gerade deswegen können wir
auch zum Haus der Begegnung zwischen Israelis und Palästinensern
werden," betont Schwester Monika. Aus dieser besonderen Situation
ergeben sich für die Bewohner und Träger des Hauses ganz besondere
Chancen für neue kulturelle Erfahrungen und Entwicklungen, die
Schwester Monika mit den Worten eines Oberrabbiners so zusammenfasst:
"Israelis und Palästinenser haben gelernt, miteinander zu sterben,
aber noch nicht, miteinander zu leben."

Für Veronika Schönhofer-Nellessen liegt in dieser Erfahrung eine
ganz besondere Lehre auch für die Situation in Deutschland: "Wie wir
leben wollen, zeigt sich daran, wie wir sterben dürfen. Ich denke,
wir sind vor diesem Hintergrund in den letzten Jahren auf einem guten
Weg". Die Hospizgespräche, so verspricht sie, werden in diesem Sinne
auch zukünftig dafür Sorge tragen, dass alle Aspekte - medizinische,
pflegerische, psychische, spirituelle - und alle Versorgungsebenen,
ob ehrenamtlich oder professionell, bei der Weiterentwicklung der
Palliativversorgung Berücksichtigung und Mitsprache erfahren.

Originaltext: Netzwerkstelle Hospiz für Stadt und Kreis Aachen
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66226
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66226.rss2

Pressekontakt:
Veronika Schönhofer-Nellessen
Koordinationsbeauftragte für Stadt und Kreis Aachen
Service- und Netzwerkstelle Hospiz für Stadt und Kreis Aachen
Tel: 0241 / 5153490, info@servicestellehospizarbeit.de


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