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Börsen-Zeitung: Zeitenwende, Kommentar zum Quartalsergebnis der Deutschen Bank von Bernd Wittkowski

Geschrieben am 30-10-2008

Frankfurt (ots) - Die Exegese des Quartalsberichts der Deutschen
Bank erfordert eine Vorbemerkung: Rechnungslegung von Banken, die
externe Analyse einzelner Zahlenwerke, vor allem aber die
vergleichende Bewertung von Zwischenabschlüssen auf internationaler
und nun sogar schon auf nationaler Ebene werden zunehmend
Glückssache. Die Postbank etwa veröffentlichte am Montag Zahlen für
das dritte Quartal nach anderen Regeln als die Deutsche Bank drei
Tage später für denselben Zeitabschnitt. Den Unterschied machte eine
zwischendrin - am zuständigen internationalen Gremium vorbei -
erfolgte Klarstellung des Instituts der Wirtschaftsprüfer.

Die Gegenüberstellung der Zahlen deutscher Banken und der
Ergebnisse von US-Banken liefe umso mehr auf den Vergleich von Äpfeln
und Birnen hinaus - trotz angeblich über den Atlantik hinweg
konvergierender Bilanzierungssysteme. Derweil wird in Brüssel im
Hauruckverfahren schon eine weitere Änderung der Fair-Value-Methodik
vorbereitet (vgl. BZ vom 30.Oktober). Wenn Anfang nächsten Jahres für
2008 Bilanz gezogen wird, so steht zu vermuten, werden die dann
Neureichen des globalen Kreditgewerbes Mühe kriegen, vor ihren
heutigen Rettern die explodierenden Gewinne zu verstecken, und in der
Analystenzunft wird ein altes Thema fröhliche Urständ feiern: die
Überkapitalisierung der Banken. Warum eigentlich ist man nicht gleich
beim HGB geblieben?

Bilanzierungstohuwabohu

Aus aktuellem Anlass - die Zahlen der Deutschen Bank - seien nur
zwei Belege für das Bilanzierungstohuwabohu genannt: Dank der neuen
Möglichkeiten zur Umklassifizierung bestimmter Vermögenswerte, die
nun folglich nicht mehr zu ihrem (dezimierten) Zeitwert im Zahlenwerk
stehen, blieb dem Branchenprimus eine ergebniswirksame Belastung von
825 Mill. Euro erspart. Unterm Strich hätte also sonst ein spürbarer
Verlust gestanden anstelle der "schwarzen Null" (die sich bei
Bereinigung gemäß Zielgrößendefinition für die Eigenkapitalrendite
ohnehin ins Rötliche färbt). Obendrein hätten nach den bisherigen
Regeln Bewertungsverluste von 649 Mill. Euro die Eigenkapitalposition
geschwächt.

Zweites Beispiel: Die Deutsche Bank hat sich durch weitestgehenden
Verzicht auf die Fair-Value-Option für eigene Verbindlichkeiten im
bisherigen Jahresverlauf einen Mehrgewinn von 6 Mrd. Euro und die
damit verbundenen Chancen zur Kapitalstärkung entgehen lassen -
klugerweise. Namhafte internationale Konkurrenten haben aus dieser
Option seit 2007 Vorteile von 2 Mrd. bis fast 6 Mrd. Euro gezogen.
Diese Gewinne sind freilich nicht nachhaltiger Natur, die Deutsche
Bank erspart sich mithin auch spätere Verluste, die andere werden
ausweisen müssen, sollte sich die Lage an den Märkten irgendwann
einmal normalisieren.

Wie das Gesamturteil über den Zwischenbericht des Hauses Ackermann
ausfällt, hängt mehr denn je vom Blickwinkel bzw. vom jeweiligen
Vergleichsmaßstab ab. Nimmt man als Benchmark die Deutsche Bank
früherer Jahre, dann ist der blaue Geldkonzern nur noch ein Schatten
seiner selbst. Aber wie könnte es anders sein, da wir zurzeit das
sechste Quartal einer säkularen Weltfinanzkrise erleben?
Aussagekräftiger erscheint daher der Vergleich mit maßgeblichen
Wettbewerbern, und aus dieser Perspektive schlägt sich die Deutsche -
zumal angesichts ihrer stark kapitalmarktexponierten Ausrichtung -
bis dato sehr beeindruckend.

Kürzerer Hebel

Belastungen von 8,5 Mrd. Euro hat die Bank seit Beginn der Krise
weggesteckt und in dieser Zeit dennoch einen Jahresüberschuss von 3,5
Mrd. Euro erwirtschaftet. Die Liquiditätssituation erscheint mehr als
auskömmlich, die Kapitalausstattung mit einer Kernquote über 10%
komfortabel und der Risikoappetit keineswegs maßlos - auch wenn
manche Analysten offenbar nicht begreifen wollen, dass die
risikogewichteten Aktiva eine vernünftige, in der jedenfalls insoweit
überzeugenden Baseler Logik liegende Bemessungsgrundlage sind.

Dennoch muss und wird das Institut auch den auf die Bilanz
bezogenen Hebel ("Leverage Ratio") weiter beträchtlich verkürzen,
indem es ertragsschwache Aktivitäten zurückfährt oder aufgibt. Das
braucht nicht zulasten der Finanzierung der deutschen Wirtschaft zu
gehen - da gibt es andere Ansatzpunkte wie etwa das Repobuch.
All dessen ungeachtet stellt sich die grundsätzliche Frage, womit
Banken in Zukunft Geld verdienen wollen. Der Zwischenbericht der
Deutschen macht die insoweit gerade stattfindende Zeitenwende
beklemmend-desillusionierend anschaulich: Jedenfalls für die Branche
insgesamt deuten Krisenfolgen wie neue Regulierung, verändertes
Kunden- und Investorenverhalten, geschärftes Risikobewusstsein auf
allen Seiten, nachlassende Emissionstätigkeit an den Kapitalmärkten,
die verminderte Kreditvergabefähigkeit der Banken et cetera über
vorübergehende konjunkturelle Effekte hinaus auf eine vor allem auch
strukturell spürbar sinkende Rentabilität hin.

Immerhin relativ gute Aussichten bedeutet das für Banken, die auch
auf halbwegs ertragsstabilen Geschäftsfeldern über starke
Marktpositionen verfügen oder diese sogar ausbauen - und die bei den
volatileren Aktivitäten in Zukunft auf weniger Konkurrenten treffen
werden.

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0


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