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Eigentor geschossen Presserat spricht fünf Rügen aus, davon vier wegen Verletzung des Trennungsgrundsatzes

Geschrieben am 19-09-2008

Bonn (ots) - Die beiden Beschwerdeausschüsse des Deutschen
Presserats sowie der Beschwerdeausschuss zum Redaktionsdatenschutz
tagten am 16., 17. und 18. September 2008 in Bonn.

Verletzungen des Trennungsgebots
Das Fußballmagazin KICKER wurde gerügt wegen der Veröffentlichung so
genannter Flexformat-Anzeigen: In Veröffentlichungen über die
deutsche Fußball-Nationalmannschaft waren sechs Anzeigen "eingebaut",
die in den Fließtext der Artikel eingepasst waren. Diese Gestaltung
erweckt den Eindruck, die Werbung sei Bestandteil der redaktionellen
Veröffentlichung. Damit wurde der Grundsatz der klaren Trennung nach
Richtlinie 7.1 des Pressekodex verletzt.

Richtlinie 7.1 - Trennung von redaktionellem Text und Anzeigen
Bezahlte Veröffentlichungen müssen so gestaltet sein, dass sie als
Werbung für den Leser erkennbar sind. Die Abgrenzung vom
redaktionellen Teil kann durch Kennzeichnung und/oder Gestaltung
erfolgen. Im Übrigen gelten die werberechtlichen Regelungen.

Schleichwerbung erkannte der Presserat in einem Beitrag der
MITTELBAYERISCHE ZEITUNG über eine Immobilie in München. Die Zeitung
hatte auf Basis eines PR-Beitrages und unter Verwendung eines
PR-Fotos des Bauträgers über Luxuswohnungen berichtet. Die von der
Zeitung vorgenommene Bearbeitung des Werbematerials war nach Ansicht
des Ausschusses unzureichend. Die Veröffentlichung enthielt stark
anpreisende Formulierungen, mit denen die Grenze zur Schleichwerbung
deutlich überschritten wurde.

Richtlinie 7.2 - Schleichwerbung
Redaktionelle Veröffentlichungen, die auf Unternehmen, ihre
Erzeugnisse, Leistungen oder Veranstaltungen hinweisen, dürfen nicht
die Grenze zur Schleichwerbung überschreiten. Eine Überschreitung
liegt insbesondere nahe, wenn die Veröffentlichung über ein
begründetes öffentliches Interesse oder das Informationsinteresse der
Leser hinausgeht oder von dritter Seite bezahlt bzw. durch geldwerte
Vorteile belohnt wird.

Die Glaubwürdigkeit der Presse als Informationsquelle gebietet
besondere Sorgfalt beim Umgang mit PR-Material.

Die Zeitschrift DAS EINFAMILIENHAUS wurde für einen Beitrag zum
Thema Bauhaus-Architektur gerügt. In der Veröffentlichung wurden
ausschließlich Häuser eines bestimmten Herstellers vorgestellt. Zudem
erfolgte ein Hinweis auf die Homepage dieses Unternehmens. In dieser
Heraushebung eines bestimmten Herstellers aus einer Palette mehrerer
Anbieter sah das Gremium Schleichwerbung.

Ebenfalls wegen Schleichwerbung wurde die BUNTE gerügt. Sie hatte
unter der Überschrift "Lustobjekt" über ein neues Automodell
berichtet und in diesem Zusammenhang eine bekannte Schauspielerin,
mit der der Hersteller wirbt, zitiert. Die Schauspielerin äußert sich
überschwänglich über die Qualität des neuen Wagens. Diese Aussagen
waren einer Pressemitteilung des Autoherstellers entnommen. Auch der
Designer des Fahrzeuges schwärmt von seiner Kreation: "Es ist das
schönste Auto, das ich je entworfen habe." Illustriert wurde der
Beitrag mit entsprechenden Werbefotos, auf denen der Wagen plakativ
in Szene gesetzt wurde. Mit diesem Beitrag wurde die Grenze zwischen
zulässiger Berichterstattung über ein neues Produkt und
Schleichwerbung deutlich überschritten.

Persönlichkeitsrechtsverletzung
Eine nicht-öffentliche Rüge wurde gegen die BORKUMER ZEITUNG
ausgesprochen. Sie hatte über die Verurteilung eines Borkumers zu
einer zehnmonatigen Haftstrafe berichtet und dabei dessen vollen
Namen genannt. Der Prozess lag mehr als einen Monat zurück. Die
namentliche Nennung verletzt den Beschwerdeführer in seinen
Persönlichkeitsrechten und ist ein Verstoß gegen Ziffer 8, Richtlinie
8.1 des Pressekodex. Danach veröffentlicht die Presse bei Berichten
über Straftaten in der Regel keine Informationen, die Täter oder
Opfer identifizierbar machen. Ein überwiegendes öffentliches
Interesse, das eine Ausnahme von dieser Regel rechtfertigen würde,
gab es nicht. Schon das eher geringe Strafmaß zeigt, dass es sich
nicht um ein außergewöhnlich schwerwiegendes Verbrechen gehandelt
hatte. Zum anderen spricht auch die sehr späte Berichterstattung
gegen ein allzu hohes Interesse der Öffentlichkeit.

Richtlinie 8.1 - Nennung von Namen/Abbildungen
(1) Bei der Berichterstattung über Unglücksfälle, Straftaten,
Ermittlungs- und Gerichtsverfahren (s. auch Ziffer 13 des
Pressekodex) veröffentlicht die Presse in der Regel keine
Informationen in Wort und Bild, die eine Identifizierung von Opfern
und Tätern ermöglichen würden. Mit Rücksicht auf ihre Zukunft
genießen Kinder und Jugendliche einen besonderen Schutz. Immer ist
zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem
Persönlichkeitsrecht des Betroffenen abzuwägen. Sensationsbedürfnisse
allein können ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht
begründen.

Redaktionsdatenschutz
Der Beschwerdeausschuss zum Redaktionsdatenschutz sprach in einem
Fall eine Missbilligung aus. Ein Anzeigenblatt veröffentlicht in
einer regelmäßigen Rubrik "Glückskreis" Fotos von willkürlich auf der
Straße aufgenommenen Personen ohne deren Wissen. Jeweils eine Person
wird durch einen gelben Kreis hervorgehoben. Der Ort der Aufnahme
wird genannt. Wenn die Person sich wiedererkennt und sich bei der der
Redaktion meldet, erhält sie einen Einkaufsgutschein in Höhe von 25,-
EUR. Der Ausschuss sieht darin eine Verletzung des Rechts auf
informationelle Selbstbestimmung nach Ziffer 8 des Pressekodex. Die
Fotos der betroffenen Personen dürfen nicht ohne deren Einverständnis
veröffentlicht werden. Durch die Einkreisung des Gesichts einer
einzelnen Person wird diese derart individuell hervorgehoben, dass
die Fotos nicht mehr den Charakter einer Übersichtsszene haben,
sondern ein Personenporträt darstellen.

Ziffer 8 - Persönlichkeitsrechte
Die Presse achtet das Privatleben und die Intimsphäre des Menschen.
Berührt jedoch das private Verhalten öffentliche Interessen, so kann
es im Einzelfall in der Presse erörtert werden. Dabei ist zu prüfen,
ob durch eine Veröffentlichung Persönlichkeitsrechte Unbeteiligter
verletzt werden. Die Presse achtet das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung und gewährleistet den redaktionellen Datenschutz.

Statistik
Insgesamt wurden in den drei Beschwerdeausschüssen 80 Beschwerden
behandelt. Dabei wurden neben den Rügen noch 15 Missbilligungen und
15 Hinweise ausgesprochen. In 37 Fällen wurden die Beschwerden als
unbegründet erachtet. In drei Fällen hatten sich mehrere
Beschwerdeführer gegen dieselbe Veröffentlichung beschwert, hier wird
das Ergebnis jedoch nur einmal gezählt.

Originaltext: Deutscher Presserat
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/14918
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_14918.rss2

Pressekontakt:
Deutscher Presserat
Arno H. Weyand
Tel.: 0228 - 985720
Fax: 0228 - 98572 - 99
E-Mail: info@presserat.de


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