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Börsen-Zeitung: Kein Sommermärchen, Börsenkommentar "Marktplatz" von Christopher Kalbhenn

Geschrieben am 20-06-2008

Frankfurt (ots) - Zumindest in sportlicher Hinsicht haben die
deutschen Anleger Anlass gehabt, sich zufrieden ins Wochenende zu
verabschieden. Denn der erhoffte, allerdings nur von den wenigsten
für möglich gehaltene steile Anstieg der Formkurve der deutschen
Nationalmannschaft hat die Zitterpartie gegen Portugal zu einem
erfreulichen Abschluss gebracht. Auf ein hoffentlich erfreuliches
Ende der Zitterpartie am Aktienmarkt und einen steilen Anstieg auch
der Dax-Kurve werden sie jedoch noch eine Weile warten müssen.

Anders als für die Fußball-Begeisterten wird ein Sommermärchen à
la 2006 für die Aktionäre wohl ein Traum bleiben. Dafür bläst dem
Aktienmarkt aus zu vielen Richtungen der Wind entgegen. So reißt vor
allem die Serie beunruhigender Nachrichten über die Kreditkrise nicht
ab und wird auch in der absehbaren Zukunft mindestens das
Aufwärtspotenzial begrenzen, wenn nicht sogar weitere Rückschläge
auslösen. Gerade die Finanztitel sind in den zurückliegenden Tagen
wieder arg zerzaust worden, vor allem weil die britische
Hypothekenbank HBOS und die Citigroup erheblichen zusätzlichen
Wertberichtigungsbedarf ankündigten.

Vor diesem Hintergrund werden die Marktakteure weiterhin die
Entwicklung an den Immobilienmärkten Großbritanniens und der USA
beobachten. In der kommenden Woche stehen dazu drei Zahlen aus den
Vereinigten Staaten an. So wird am Dienstag der
Case-Shiller-Hauspreisindex vom April veröffentlicht. Laut Bloomberg
rechnet der Markt mit einem gegenüber dem Vorjahr um 16% niedrigeren
Niveau nach einem im April ausgewiesenen Rückgang um 14,4%. Am Tag
darauf folgen die Neuverkäufe vom Mai, am Donnerstag die Verkäufe
bestehender Eigenheime.

Die Sorgen über die Auswirkungen der Immobilien- und Kreditkrise
werden gerade in den nächsten Wochen für ein eher zurückhaltendes
Disponieren der Investoren sorgen. Denn im Juli beginnt die
Berichtssaison für das zweite Quartal, in dem sich die Belastungen
aus der Krise auch außerhalb des Finanzsektors niederschlagen
dürften. Die Unternehmen müssen mit den konjunkturdämpfenden Effekten
der Krise kämpfen. Hinzu kommen die deutlich gestiegenen
Kreditkosten. Ebenfalls alles andere als förderlich ist der extreme
Anstieg des Ölpreises, der sich jetzt der Schwelle von 140 Dollar
angenähert hat. Allerdings gab es zuletzt ein wenig Anlass, auf eine
gewisse Entspannung zu hoffen. Denn es zeigt sich, dass die kräftigen
Tagesveränderungen in den Terminmarktpreisen nicht nur nach oben
zeigen müssen, sondern durchaus auch abwärts gerichtet sein können.
Um bis zu 5 Dollar hat die Sorte WTI allein am Donnerstag verloren.
Ausgelöst wurde der Einbruch von der Nachricht, dass die chinesische
Regierung eine Erhöhung der Preise für Benzin und Diesel um 18%
angeordnet hat. Das löste umgehend Vermutungen aus, dass die
chinesische Nachfrage nach Treibstoffen und Öl deutlich nachgeben
könnte.

Damit würde die wichtigste Antriebskraft für den Ölpreisanstieg
erheblich abgeschwächt, was zu der von einigen Experten
prognostizierten deutlichen Korrektur führen könnte. Aus Sicht der
Aktienmärkte ist dies allerdings nur die eine Seite der Medaille.
Denn die Nachricht ist letztlich nur ein weiterer Beleg dafür, dass
der Boom der Emerging Markets Risse bekommen hat. Trotz des
Eigenlebens, das die Schwellenländer zugegebenermaßen zunehmend
entwickeln, spüren sie die Abschwächung in den Industrienationen. Vor
allem aber haben gerade die Emerging Markets mit massiven
Preisanstiegeninsbesondere auch bei den Nahrungsmitteln zu kämpfen.
Vor diesem Hintergrund wurden und werden in einigen Ländern die
Leitzinsen erhöht. Da zudem die Währungen aufwerten,leidetaußerdem
noch die Wettbewerbsfähigkeit. Kurzum: Auch in den Schwellenländern
droht eine deutlichere Wachstumsverlangsamung, wenn auch von einem
hohen Ausgangsniveau.

Mit dem Emerging-Markets-Boom würde jedoch ein stützender Faktor
für die Unternehmensgewinne und die Aktienmärkte der Industrieländer
an Kraft verlieren. Auch aus diesem Grund erscheint für
Dividendentitel derzeit ein Sommermärchen 2008 eher unwahrscheinlich.

(Börsen-Zeitung, 21.6.2008)

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
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Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0


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