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Vergessene Klimakiller: ausrangierte Kühlgeräte werden in Deutschland nicht "nach Stand der Technik" entsorgt und belasten nationale Klimabilanz

Geschrieben am 07-11-2007

Berlin (ots) - Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) aus Kühlgeräten
werden in Deutschland bei der Verschrottung zu 37% und damit kaum
mehr als zu einem Drittel ordnungsgemäß entsorgt - Österreich,
Griechenland, Luxemburg und andere EU-Staaten entsorgen über 90% der
FCKW - Deutsche Umwelthilfe ermittelt jährliche Belastung der
Atmosphäre mit 4,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten und fordert
"Ende der schlampigen Entsorgung extremer Klimagifte" sowie korrekte
Einbeziehung in die deutsche Klimabilanz

7. November 2007: Obwohl klimaschädliche
Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) hierzulande schon seit Mitte der
90er Jahre nicht mehr in neuen Kühlschränken und sonstigen
Kühlgeräten eingesetzt werden, belasten FCKW-haltige Kältemittel und
Kühlschrank-Dämmstoffe die deutsche Klimabilanz bis heute viel
massiver als in der Öffentlichkeit bekannt. Das ist das ebenso
überraschende wie unerfreuliche Ergebnis einer soeben abgeschlossenen
Recherche der Deutschen Umwelthilfe (DUH).

Hauptgrund für die rund 4,3 Millionen Tonnen an Kohlendioxid
(CO2)-Äquivalenten, die jährlich aus ausrangierten Kühlgeräten in
Form von FCKW-haltigen Kälte- und Treibmitteln in die Atmosphäre
gelangen, ist ein völlig unzureichendes Recyclingsystem, das mit 37%
kaum mehr als ein Drittel der Klimakiller erfasst und schadlos
entsorgt. Zum Vergleich: Das gesamte über die Kreditanstalt für
Wiederaufbau (KfW) geförderte Programm der Bundesregierung zur
energetischen Gebäudesanierung erbrachte im Jahr 2006 eine
CO2-Einsparung von 900.000 Tonnen, also fast fünfmal weniger als die
Belastung der Klimabilanz durch FCKW aus verschrotteten Kühlgeräten.

Die deutschen Verhältnisse stehen zudem in einem unerfreulichen
Kontrast zu Ländern wie Österreich und Dänemark, die den so genannten
"Stand der Technik" als Entsorgungsmaßstab festgelegt und eine
90-prozentige Entnahme von FCKW aus Kühlgeräten rechtsverbindlich
vorgeschrieben haben. Auch weitere EU Staaten wie Griechenland und
Luxemburg erreichen die nach "Stand der Technik" übliche 90%ige
Entnahmequote.

Über zehn Jahre nach der Einstellung der FCKW-Nutzung in deutschen
Kühlgeräten enthalten derzeit noch etwa 80 Prozent der entsorgten
Geräte den extremen Klimakiller FCKW. Schätzungen gehen davon aus,
dass in Deutschland noch rund 36 Millionen FCKW-haltige Kühlgeräte
betrieben werden.

Die Deutsche Umwelthilfe hat in den vergangenen Wochen bei den
Statistikämtern der Bundesländer die offiziellen Zahlen zu den
entsorgten Kühlgeräten und den daraus entnommenen FCKW-Mengen
abgefragt. Derzeit liegen Zahlen aus zehn Ländern vor, in vier
Ländern unterliegen diese Daten teilweise der Geheimhaltung, in zwei
weiteren gibt es keine Anlagen zur Kühlschrankentsorgung. Aus Sicht
der DUH gibt es für eine Geheimhaltung derart klimarelevanter Daten
keine Rechtfertigung. Aus dem bislang vorliegenden Datenmaterial
lassen sich jedoch die durchschnittlichen Zahlen für das gesamte
Bundesgebiet hochrechnen.

Ein Kühlgerät enthält im Mittel in seinem Kältemittelkreislauf und
in der Isolierung insgesamt etwa 440 Gramm FCKW. Der Einfluss dieser
vergleichsweise geringen Mengen auf die Klimaerwärmung ist immens.
Der Grund: Die im Kältekreislauf eingesetzten FCKW sind 10.720-mal
und die FCKW in der Isolierung 4.680-mal so klimaschädlich wie das
Treibhausgas CO2. Zudem schädigen sie die Ozonschicht und tragen so
dazu bei, dass das so genannte "Ozonloch" sich vergrößert oder
jedenfalls langsamer schrumpft als nach dem weitgehenden
Produktionsstopp im Rahmen des Montreal-Abkommens zu erwarten wäre.

Durch das Elektroaltgeräte-Gesetz müssen seit 2006 Kühlgeräte
verbindlich nach dem "Stand der Technik" entsorgt werden. Konkret
fordern sowohl ein Leitfaden des Umweltbundesamtes (UBA) als auch die
vom Deutschen Institut für Gütesicherung e.V. (RAL) entwickelte
RAL-Gütesicherung GZ 728, dass 90 Prozent der in den Geräten
enthaltenen FCKW entnommen und vernichtet werden müssen. Dies
entspricht einer Mindestrückgewinnung von durchschnittlich ca. 115
Gramm FCKW aus dem Kältekreislauf und von ca. 283 Gramm aus der
Isolierung eines jeden Gerätes.

Das gesamte Klimaschädigungspotenzial der in Deutschland jährlich
2,4 Millionen zu entsorgenden FCKW-haltigen Kühlgeräte entspricht
aufgrund der extremen Klimaschädlichkeit dieser Emissionen ca. 6,8
Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Mit dem Stand der Technik könnten
90 Prozent der FCKW - also entsprechend 6,1 Millionen Tonnen
CO2-Äquivalenten - entnommen und vernichtet werden. Die von der DUH
abgefragten Daten belegen jedoch, dass nur ein gutes Drittel (37
Prozent) der FCKW aus Kühlgeräten erfasst wird. Die statistische
Freisetzungsrate beträgt somit mehr als 275 Gramm FCKW pro Gerät.
Hochgerechnet auf die genannten jährlich 2,4 Millionen anfallenden
FCKW-Kühlgeräte ergibt sich aus diesen Zahlen also eine tatsächliche
Belastung der Atmosphäre mit etwa 4,3 Millionen Tonnen
CO2-Äquivalenten pro Jahr.

"Die Missachtung des "Standes der Technik" bei der
Altkühlgeräteentsorgung in Deutschland macht milliardenteure
CO2-Einsparungen in anderen Bereichen zunichte. Die von uns
ermittelten Zahlen sind ein Armutszeugnis für ein führendes
Industrieland wie Deutschland und zeigt einmal mehr, was der Verzicht
auf klare gesetzliche Regelungen bewirkt. Mit der schadlosen
Entsorgung von kaum mehr als einem Drittel der FCKW aus Kühlgeräten -
und das auch noch mit erkennbar sinkender Tendenz - zählt Deutschland
zu den europäischen Schlusslichtern", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer
Jürgen Resch. Die schlampige Entsorgung extremer Klimagifte müsse
sofort beendet werden. In einem Schreiben an den Präsidenten des
Umweltbundesamtes Andreas Troge macht die DUH auf die Missstände
aufmerksam und fordert eine Überprüfung und Korrektur der offiziellen
deutschen Klimabilanz, in der dieser erhebliche Posten bisher nicht
erfasst wurde.

Über vier Hauptpfade kann FCKW beim Recycling von Kühlgeräten in
die Umwelt entweichen: über die Abluft, über FCKW-Restbelastungen der
entgasten Polyurethan-Isolierschäume, über Anhaftungen dieser
Materialien an Metallen und Kunststoffen und schließlich auch durch
diffuse Emissionen aus undichten Anlagen. Die Recyclinganlagen müssen
gemäß der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA-Luft)
vorgeschriebene Emissionsgrenzwerte für die Abluft und für die
Anhaftungen einhalten. Die Dichtigkeit der Anlagen soll einmal
jährlich von den zuständigen Behörden geprüft werden. Eine
Massenbilanz aller ein- und ausgehenden FCKW wird von der TA-Luft
allerdings bisher nicht gefordert.

"Unsere Daten belegen eindrucksvoll, dass die bislang geltenden
Anforderungen nicht ausreichen, um das Klimagift FCKW aus alten
Kühlgeräten seriös zu recyceln und schadlos zu entsorgen", erklärte
Maria Elander, DUH-Projektleiterin für Kreislaufwirtschaft. "Wir
brauchen deshalb dringend einen Input-Output-orientierten Ansatz, in
dem die gesamte Anzahl der Kühlschränke, die in Entsorgungsanlagen
angeliefert werden und die entnommenen FCKW-Mengen für das ganze Jahr
konsequent und transparent dokumentiert werden. Wenn die Bilanz
weniger als 90% beträgt, ist der im Elektroaltgeräte-Gesetz
geforderte Stand der Technik nicht erfüllt, die Behörden müssen
eingreifen." Elander beklagte, dass Input-Output-Zahlen bislang nur
im Rahmen des jährlich einmal durchzuführenden Tests der Stufe I
(Bezeichnung für die FCKW-Absaugung aus dem Kältekreislauf) abgefragt
werden. Für die Stufe II (FCKW-Gehalt der Isolierung), also den
Bereich, der für eine fast drei mal größere FCKW-Menge steht, werden
bisher keine Geräte- und FCKW-Ströme für das jeweilige Berichtsjahr
festgehalten und bewertet. Elander: "Nach unseren Erhebungen liegen
die Daten jetzt erstmals auf dem Tisch - Bund und Länder müssen
handeln."

In einem Schreiben an die Umweltminister der Länder fordert die
DUH eine Überprüfung der Missstände mit dem Ziel, die Umsetzung des
gesetzlich geforderten Standes der Technik zur FCKW-Entsorgung beim
Kühlgeräterecycling durch veränderte klare, ordnungsrechtliche
Maßnahmen schnell zu gewährleisten.

Weitere Informationen:
Die von der DUH abgefragten Zahlen sowie die verwendeten
Berechnungsgrundlagen stehen unter www.duh.de als Hintergrundpapier
zur Verfügung.

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/22521
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH),
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, (www.duh.de), Tel.: 030/258986-0,
Fax: 030/258986-19, Mobil 0171/3649170, E-Mail: resch@duh.de

Maria Elander, Deutsche Umwelthilfe e.V., Projektleiterin
Kreislaufwirtschaft Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030/258
986-12, Fax.: 030/258 986-19, Mobil: 0160/533 73 76, E-Mail:
elander@duh.de


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